Anna Ternheim - For the young

Polydor / Universal
VÖ: 29.01.2016
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Gelsenkirchener Barock

Kinder, geht mal spielen, Oma erzählt vom Krieg! Dabei ist Oma erst 37 Jahre alt, aber sie hat jetzt bereits ein ganzes Album aufgenommen "For the young". Für die Jüngeren sei kurz erzählt, dass die Singer/Songwriterin ihre erste Band während ihres Austauschjahres in Atlanta/Georgia gründete und das Schreiben und Musizieren auch fortsetzte, als sie zunächst zurück in ihrer Heimat Stockholm war und dann zum Studieren in die Schweiz ging. Ihr erstes Album "Somebody outside" erschien 2004, drei weitere im Abstand von zwei bis drei Jahren.

In der Routine hat es sich die Schwedin gemütlich gemacht zwischen sanften, warmen Basswellen und der plänkelnden Akustikgitarre. Macht ein angenehmes Grundgefühl, wie es so im Hintergrund vorüberzieht, ohne zu stören. Das Problem ist nur, dass die Songs "Lonely one" und "Keep me in the dark" heißen, aber statt nach Einsamkeit und Dunkelheit nach Wärme und Behaglichkeit klingen. Sie singt "Don’t leave me, stay with me" ("Don't leave"), und es klingt, als würde sie über ihren schönsten Ferientag singen. Es fällt schwer, Ternheim zu glauben, was sie singt. Dabei geht es nicht um Authentizität – sie muss nicht einsam sein, um glaubhaft über Einsamkeit singen zu können, genauso, wie ein Schauspieler nicht obdachlos sein muss, um einen Obdachlosen zu spielen. Aber man muss es der Rolle glauben können. Als die Backstreet Boys "Show me the meaning of being lonely" schmachteten, waren sie glaubhafter als die Stockholmerin bei ihrer hier vertretenen Coverversion des Songs, den einst ihr Landsmann Max Martin schrieb.

Aufgenommen hat sie das Album nicht zu Hause, sondern in New York mit vor allem in Jazz-Kreisen bekannten Musikern wie dem Gitarristen Marc Ribot unter der Regie von Andreas Dahlbäck, der bereits bei den ersten beiden Alben der Blondine auf dem Produzentenstuhl saß. Bei den beiden Vorgängern hatte sie andere Herangehensweisen versucht, so hatte Produzent Björn Yttling bei "Leaving on a mayday" sämtliche Instrumente alleine eingespielt, später legte Matt Sweeney die Patina Nashvilles über die Songs von Ternheim. Es blieb bei einmaligen Ausflügen.

Auch deshalb klingt "For the young" wie ein Nach-Hause-Kommen, wie Klavier, Streicher ("Lonely one") und Hörner ("Don't leave") einen behaglichen Klangteppich legen, auf dem sich die Sängerin hörbar wohl fühlt. Und in all der Wärme und Behaglichkeit wird man langsam müde, denn niemand lässt frische Luft in Omas gute Stube.

(Johannes Mihram)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Walk right in
  • Show me the meaning of being lonely

Tracklist

  1. Hours
  2. Still a beautiful day
  3. For the young
  4. Caroline
  5. Walk right in
  6. Lonely one
  7. Keep me in the dark
  8. Only those who love
  9. Don't leave
  10. Just as friends
  11. Everyone's waiting
  12. Show me the meaning of being lonely
Gesamtspielzeit: 42:31 min

Im Forum kommentieren

Die Hafen-Trulla

2021-04-11 02:48:01

Ich kenne weder das Album noch den Autoren der Rezi (Johannes Milram).

Aber schon ungewöhnlich die Herangehensweise: Die Texte als einziger Gradmesser für die Bewertung zu nehmen.
Und dann zerreißt er noch die Backstreet Boys-Coverversion und dann taucht der Song auf einmal in den Highlights auf :-D

Mr Oh so

2016-10-03 16:53:36

Ich finde die Rezension sowohl in der Wortwahl als auch in der Bewertung etwas zu drastisch, aber selbst ich als jemand, der mal ein Fan war, kann die Kritik nachvollziehen. Somebody Outside und auch Separation Road waren großartig, die Platten liebe ich nach wie vor, aber danach konnte sie für mich nie wieder an diese Alben anknüpfen.


Mir geht es ähnlich. Ich bin ein großer Fan und habe alle ihre Alben. Aber ein Durchzug frischer Luft würde ihr tatsächlich guttun. Das Bild aus der Rezi finde ich gar nicht so schlecht gewählt.

Takenot.tk

2016-06-20 08:22:01

Würde neben dem Debüt noch ihr Viertwerk "the Night Visitor" in den Ring werfen, dass die schönste Produktion hat, aber eher in Richtung Amerikansichem Folk bzw. Americana geht als der schwedische Singer-Songwriter Pop der ersten zwei Scheiben.

Demon Cleaner

2016-06-17 19:59:19

"Shoreline" ist für mich der beste Song überhaupt.
Also nicht nur auf dem Album oder von ihr. Überhaupt überhaupt.

Hollowman

2016-06-17 19:51:36

Ganz klar das Debüt Somebody Outside, ist für mich ihr stärkstes und eine 9/10. Mit Shoreline ist da auch ihr bester Song drauf.

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum