Xixa - Bloodline
Barbés / GlitterhouseVÖ: 29.01.2016
Entwurzelt
Wer Musik lieber hören als verkopfen will, steigt am besten hier aus. Xixa, so lässt sich kurz zusammenfassen, hat einen verspielten Steppenwolf von Debütalbum losgelassen, der dank seiner Tollerei eine veritable 7/10 einfährt und jedem zu empfehlen ist, dem Giant Sand, Friends Of Dean Martinez und Calexico zu schoßhündisch geworden sind. Denn die restliche Rezension kommt nicht drum herum, eine kleine Geschichtsexkursion zu unternehmen. Xixa lebt von seinen Wurzeln. Und die sind lang. Verdammt lang. Sie verästeln sich ein paar tausend Kilometer ausgehend von Tucson, Arizona, Richtung Süden, über hunderte Jahre hinweg durch das kolonialisierte Afrika ins Europa der Seefahrer, das einst auszog, um fremde Kulturen auszulöschen und der Welt seinen Geist aufzuzwingen.
Es ist die kolumbianische Cumbia, oder bezeichnender: das peruanische Subgenre Chicha, das es den beiden Ex-Giant-Sand-Barden Brian Lopez und Gabriel Sullivan seit geraumer Zeit angetan hat. Sie schürften tief in der Geschichte südamerikanischer Folklore und stießen auf Klassiker, die sich für die Ohren der Mitteleuropäer in etwa so anhören, wie für den peruanischen Austauschstudenten Blasmusik aus dem Böhmerwald. Sie sahen, dass das auf dem Weltmarkt eher etwas angestaubte Genre Potenzial für eine Wiedergeburt aus dem Schoß des Tucson-Americana hat. Das ist vielleicht die größte Leistung der späteren Xixa-Gründer. Sie beförderten die Klassiker wie von den Los Destellos und Juaneco Y Su Combo zurück ans Tageslicht, zupften die Gitarren härter, ließen ihre ganz persönliche musikalische Prägung freien Lauf und am Ende standen Lopez und Sullivan als Cover-Band Chicha Dust auf der Bühne einer abgewrackten Lagerhalle. Wo? Natürlich in Tucson, Arizona.
Xixa ist nun das vorläufige Ende einer langen Reise – und wenn man so will ein Verweis an deren Anfang zurück. Zwar sind es nicht mehr nur afrikanische Trommeln, die den Takt vorgeben. Doch legen Xixa ein deutlich tanzbareres Tempo vor als noch ihre Urväter. Die Vorgeschichte der Cover-Band ist abgelegt. Auf "Bloodline" präsentieren Lopez, Sullivan und ihre vier Mitstreiter zehn eigens komponierte Songs, denen ein ganzer Rattenschwanz an Einflüssen und Genrezitaten anhaftet. Der kratzige Opener und Titeltrack erinnert dabei noch an die junge Vergangenheit im Desert-Rock, wenn die stählernen Gitarren zwischendurch die letzten Bäume der Prärie umsägen dürfen. Die Stimme ist doch weitaus mehr um eingängige Melodien bemüht, wenn es da heißt: "Without an answer / No bloodline before / Your body is folding / To the weight of the world."
Eigentlich ist Xixa ja Rock'n'Roll, schreibt die Band in ihrer Biographie. Das steht wahrscheinlich für die Stimmung, die Lopez und Sullivan letztendlich vermitteln wollen. Denn zwischen Opener und dem expandierenden 16-Minuten-Stück "Living on the line" (inklusive Pause und Zugabe) zum Abschluss reihen sich Tarantino-Pop wie in "Bloodline" oder "Vampiro", ein poppig-beschwingter "Killer"-Song, indigene Passagen mit "World goes away" oder auch nahöstliche dank "Down from the sky" und mexikanische mit "Nena Linda" aneinander, als sei die Band dazu verdammt, endlos aus der Bibel der Musikgeschichte zu zitieren. Wenn es auch in "Pressures of mankind" an die Grenze zur Überzeichnung stößt: Xixa reißt Mauern ein. Das kann weder den etwas in die Jahre gekommenen Tucson-Rock noch den Oberlehrern der Musikgeschichte schaden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bloodline
- Down from the sky
- Living on the line
Tracklist
- Bloodline
- Vampiro
- Killer
- World goes away
- Down from the sky
- Pressures of mankind
- Golden apparition
- Deadman
- Nena Linda
- Living on the line
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retro
2017-04-01 04:10:42
über das album kann ich nicht viel sagen, aber live waren die bombe.
Armin
2016-01-27 21:15:17
Frisch rezensiert!
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