Ignite - A war against you

Century Media / Universal
VÖ: 08.01.2016
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Dritter Frühling

Ja, es mag zuweilen klischeehaft wirken, wenn reifere Herren in ihren Mitt- oder Endvierzigern zur neuerlichen Hardcore-Revolution und Weltverbesserung aufrufen. Wenn Bands, groß geworden in der US-Hardcore-Szene der Neunziger, ihre Message auch 23 Jahre später noch in die Welt tragen möchten. Wie das Jahr 2015 uns jedoch eindrucksvoll gelehrt hat, ist die Welt an kaum einem Ort wirklich besser geworden – da ist es weiß Gott nicht schlecht, wenn mal jemand den Mund aufmacht und laut losbrüllt. Wer den Werdegang der Truppe aus Orange County halbwegs verfolgt hat, weiß, dass Politik, soziales Engagement sowie die Attitüde bei Ignite immer schon zur DNA gehören.

"A lot of this album is an ode to my family, an ode to the immigrant struggle worldwide", beschreibt Frontmann Zoli Téglás, der selbst ungarische Wurzeln hat und dessen Vater einst flüchtete, den zentralen Beweggrund für Ignites erste Platte nach fast zehn Jahren: Die weltweit nicht erlischen wollenden Krisenherde und Kriegsschauplätze, auf denen auch die USA samt ihrer mächtigen Rüstungsmaschinerie und natürlich andere Westmächte ihre Mühlsteine positionieren und wirtschaftlich profitieren, treiben Ignite um. "It's all about the sadness that war has always brought and how hard it is to be a displaced person. That is ultimately all of us." Ein Thema, das vor allem in der Polit-Hymne "Oh no not again" kulminiert.

Ebenjene zeigt mit ihrem Hang zur großen Geste im weiten Stadionrund aber auch: Musikalisch haben Ignite das Gewand des frühen, verschrobenen Orange-County-Hardcore längst abgelegt, die Produktion aufpoliert, melodischen, schnellen Hardcore mit massenkompatiblem Hardrock vermischt. Wenn dabei allerdings solche vor Hits, Hits und nochmal Hits sprießenden Geschichten entstehen wie "A place called home" oder das tolle "Our darkest days", dann ist das verdammt nochmal fein so. "A war against you" merkt man ingesamt kaum an, dass seit dem letzten Lebenszeichen beinahe eine Dekade verstrichen ist: Flotte, nach vorne preschende Dreiminüter wie "Nothing can stop me", das feine Quasi-Titelstück "This is a war" und "You save me" setzen ihren Haken in die Ohrmuschel und stoßen den Hörer zu den unverkennbaren Vocals von Téglas mitten rein in den Punkrock-Pit. Produziert hat erneut Mötörhead-Mann Cameron Webb, klar und trotzdem mit Kante, was den Songs meistens gut zu Gesicht steht.

Einziger Wermutstropfen: "A war against you" kann dem fulminant starken Vorgänger "Our darkest days" qualitativ insgesamt nicht ganz das Wasser reichen, die Messlatte lag aber aber auch sehr weit oben. Zwar atmen im Midtempo angesiedelte Stücke wie die selbstreferenziellen "Alive" und "Begin again" grundsätzlich den Ignite-Drive der Nullerjahre, entfachen aber nicht die Euphorie wie einst "A place called home" (Song) oder "Slowdown". Neue Kraft für die Hauptband zog Téglás auch aus seinem Engagement bei den befreundeten Pennywise, mit denen er im Jahr 2012 "All or nothing" aufnahm, während auch die Bandkollegen in andere Projekte eintauchten – bloß konnte er dort seine Message nicht vollends einbringen. Die ist nun geballt zurück. Und solange die Mächtigen da draußen nichts ändern und auch die Menschen sich wenig rühren, werden Ignite bleiben. Immerhin etwas.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • This is a war
  • Oh no not again
  • Where I'm from

Tracklist

  1. Begin again
  2. Nothing can stop me
  3. This is a war
  4. Oh no not again
  5. Alive
  6. You saved me
  7. Rise up
  8. Where I'm from
  9. The suffering
  10. How is this progress?
  11. You lie
  12. Descend
  13. Work
Gesamtspielzeit: 45:01 min

Im Forum kommentieren

Autotomate

2016-01-18 10:54:07

Ein paar Aussetzer gibt es für mich allerdings auch, allen voran das hier als Highlight apostrophierte "Oh no not Again". Bei der Vorstellung, wie die versammelte Persistence-Rotte diesen scheußlichen Refrain in seiner ganzen Joan-Jett-Haftigkeit in Zolis gestrecktes Mikro gröhlt, wird mir ein kleines bisschen übel. Aber auch das mag nur daran liegen, dass mein Magen nicht mehr ganz so robust ist, wie vor 10 Jahren.

Autotomate

2016-01-18 10:42:58

Wenn man nicht erwartet, dass eine Band innerhalb von 10 Jahren irgendeinen musikalischen Zusatzgedanken hat, ist das Album überraschend gut geworden. Mehr von einer "Melodic Hardcore"-Band (Abteilung Kalifornien) zu verlangen, als eine Handvoll starker Songs zu schreiben und die dann spielfreudig, leidenschaftlich und druckvoll an die Zielgruppe weiterzureichen, wäre wohl auch vermessen. Dass ich selber inzwischen etwas kritischer (respektive ein alter nörgeliger Sack) geworden bin, kann ich Ignite schlecht vorwerfen. Vermutlich hätte mir damals, im Jahre 2006, "A War Against You" sogar genauso gut gefallen, wie "Our Darkest Days". Heute schließe ich mich eher der 6/10 aus der Rezi an. Im Frühling wird vielleicht ne 7 draus...

Desare Nezitic

2016-01-17 22:54:44

Hast du Belege für diese Behauptungen? Nur weil er mal gesagt hat, dass er Antikommunist sei?

politisch korrekter Punkrocker

2016-01-17 22:31:11

Mir eh ein Rätsel wie man eine Platte von diesem erzkonservativen, Republikanersympatisanten Zoli überhaupt besprechen mag.

Desare Nezitic

2016-01-17 17:56:37

10 Jahre nach dem starken "Our Darkest Days" quasi eine Comebackplatte von Ignite. Daran ranzukommen gelingt der Band zwar nicht, trotzdem ist ein grundsolides Album mit den altbewährten Zutaten rausgekommen. Zoli Téglás, einer der besten Sänger im Punk-/HC-Bereich, wirkt nach seinem Ausflug als Sänger von Pennywise samt schwerer Rückenverletzung frisch und tatbereit. Als Bonus gibt er einen Hidden Track mit einer ungarischen Version von "Where I'm From" dazu. Nur konsequent, denn es dürfte ihm ziemlich auf den Piss gehen, was im Land seiner familiären Wurzeln vor sich geht.
Insgesamt ein homogenes Album voller Hymnen, die Spaß machen. Das Feuer brennt weiterhin beim Politaktivisten Zoli und seinen musikalischen Mitstreitern. 6.9
Highlights: Nothing Can Stop Me; This Is a War; Where I'm From

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