Revolverheld - MTV unplugged in drei Akten

Columbia / Sony
VÖ: 09.10.2015
Unsere Bewertung: 2/10
2/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Geschmacksfragen der Republik

Es scheint überflüssig, die Musik dieses Hamburger Kollektivs mit bellizistischem Bandnamen, weiter zu beschreiben, kennt sie doch jeder in diesem Lande, da es nahezu unmöglich ist, sich ihnen zu entziehen. Aus irgendeinem Lautsprecher von irgendwo ertönt zu jeder Zeit etwas von Revolverheld. Sie sind eine der populärsten deutschen Bands. Daher muss auch dieses "MTV unplugged in drei Akten" nicht detailliert erläutert werden. Die ohnehin schon weichen Klänge der Band werden dank akustischem Setting und dramatischen Streichern noch weiter verweichlicht. Naheliegende Gäste wie Rea Garvey, Mark Forster und Johannes Oerding, angekündigt als "Who-is-Who der deutschen Rock- und Popszene", wettsingen um den Titel des Schwiegermutterlieblings. Nur bei Heinz Strunk grübelt man, warum er denn zu einem Lied auch noch seine Flöte beisteuern musste – stand wohl zufällig irgendwo in Hamburg rum.

Also schafft sich nun dieses MTV-Format in Deutschland endgültig ab, nach Intermezzi mit den Scorpions, Cro und Unheilig. Es wäre ungerecht, wenngleich musikkritischer Konsens, auf Revolverheld als schlechte Band einzuschimpfen und ihnen ihren Erfolg anzukreiden. Dafür sind sie zu perfekt in dem, was sie tun: Im Verbreiten irgendwelcher Phrasen, wie dem doppeldeutigen "Ich lass für dich das Licht an obwohl's mir zu hell ist", den ungalanten Reimen, wie "verlieren" auf "ausrangieren", den harmlos-netten, tausendfach gehörten Melodien, ihrem Vermögen, das alles als ein musikalisches Erweckungserlebnis vollster Wahrhaftigkeit zu zelebrieren. Der Kampfsportsoziologe Bourdieu wusste bereits, dass der sowieso relative (gute) Geschmack niemals natürlich oder universell sei, sondern stets Teil einer sozialen Erfahrung und Verwurzelung.

Und wenn man diese Musik, die niemand weh tun mag, dabei netter als nett ist, nicht experimentieren oder unangenehm sein möchte, herunterbricht, dann beschreibt sie die vermaledeite Harmoniesucht der ganzen Bundesrepublik. In der sich niemand streiten möchte, lieber wohlig fühlt und sich alle gegenseitig anbiedern. Wenn da schon die ganze weite Welt durchdreht, dann bleibt derartige Musik eine Bastion der Sicherheit, die aalglatt und kantenlos ist. Jeglicher Zwist ist eigentlich gestrig. Weshalb es dann auch die offensichtliche Wahl war, den Echt-Schunkler "Du trägst keine Liebe in Dir" als Cover in das eh schon über anderthalbstündige Set einzubauen.

Um zurück auf Bourdieu zu kommen, sind diese Songs nicht auf Dauer, aber in Schnipseln konsumierbar. Wer vergessen hat, sich aufmerksam durch ein ganzes Album zu hören, wer droht, im Multitasking unterzugehen und Musik für nichts anderes hält, als eine Berieselung im Hintergrund, der darf sich hier abspeisen lassen. Revolverheld bedienen derartige Verlangen mustergültig. Das lässt sich ihnen nicht vorwerfen. Auch nicht, dass sie damit zu einer nicht austauschbaren Band geworden sind, wenngleich im Wirken den vielen anderen Harmlosen (Unheilig, Helene Fischer, et cetera) ähnlich, die hierzulande sonst noch unterwegs sind. In einem Land, in dem niemand mehr schreit, säuseln Revolverheld einfach weiter.

(Maximilian Ginter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

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Tracklist

  1. Bands Deiner Jugend
  2. Spinner (feat. Annett Louisan)
  3. Hamburg hinter uns (feat. HeartChor)
  4. Ich werd' die Welt verändern
  5. Das kann uns keiner nehmen (feat. Rea Garvey)
  6. Immer in Bewegung (feat. Heinz Strunk)
  7. Darf ich bitten (feat. Das Bo)
  8. Deine Nähe tut mir weh
  9. Keine Liebeslieder
  10. Halt Dich an mir fest (feat. Marta Jandova)
  11. Lass uns gehen
  12. Hinter der Elbe New York
  13. Längst verloren
  14. Worte die bleiben (feat. Mark Forster)
  15. Nie erwachsen
  16. Sommer in Schweden (feat. Johannes Oerding)
  17. Die Welt steht still
  18. Du weißt nicht was Du willst
  19. Neu anfangen
  20. Ich lass für Dich das Licht an
  21. Du trägst keine Liebe in Dir (feat. Michel van Dyke)
  22. Freunde bleiben
Gesamtspielzeit: 100:31 min

Im Forum kommentieren

Obrac

2015-12-11 11:55:24

Solange ein Rezensent solche simple Kategorien nutzt, um Musik zu bewerten, sollte er sich fragen, ob er vielleicht allgemein ein Problem mit Musik oder dem eigenen Ego hat.

Selbstverständlich. Kritiker hat Probleme mit sich selbst, ist gerne das Argument von beleidigten Fans.
Was an der Band stört, steht ja eigentlich in der Rezi: Die Mucke ist kacke.

Mehr Hass!

2015-12-11 10:39:49

Mehr Klicks!

Demon Cleaner

2015-12-11 09:55:23

Ich vermute, dem Rezensenten fehlt ein Gegenpol zum Castingwahn...früher waren sie einfach mehr Rockproleten.

Leon

2015-12-11 09:46:11

Rezension wie zu erwarten unterste Schublade. Was stört an diesen Künstlern? Ihr Erfolg? Die simplen Texte oder Melodien? Solange ein Rezensent solche simple Kategorien nutzt, um Musik zu bewerten, sollte er sich fragen, ob er vielleicht allgemein ein Problem mit Musik oder dem eigenen Ego hat. Oftmals ist solch unreflektiertes Gekeife einfach nur Ausdruck der innewohnenden Unzufriedenheit und Unsicherheit.

Armin

2015-12-10 21:17:51

Frisch rezensiert!

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