Motorpsycho - Supersonic scientists (A young person's guide to Motorpsycho)

Stickman / Soulfood
VÖ: 16.10.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vom Jahrtausend bis zur Ewigkeit

Nein. Einfach nein, die Faszination für die Norweger von Motorpsycho lässt sich nicht auf ein paar Songs reduzieren, nicht auf diverse Stilwechsel, von Prog über Metal zu Folk und Pop, nein, die ständigen Besetzungsänderungen in 25 Jahren Bandgeschichte tragen zum Mythos zwar bei, aber auch das macht das Bild nicht aus. Es ist viel einfacher. Denn unterm Strich braucht es von Motorpsycho nur einen einzigen Song, der alles klarmacht: "Vortex surfer". Kein anderes Stück irgendeiner anderen Band dieses Planeten besitzt diese Kraft, die Motorpsycho mal so eben in den letzten Minuten des Songs aus dem Handgelenk schütteln. Die Gitarren, der Rhythmus, die Melodie, die Drums, die Streicher – pure Schönheit. So faszinierend, dass der norwegische Radiosender NRK P3 den Song zum besten des letzten Jahrtausends kürte und ihn 1999 einfach 24 Stunden am Stück spielte. Alles Legende, alles bekannt. Trotzdem gibt es zum Bandjubliäum mit "Supersonic scientists" eine Zusammenstellung der verschiedenen Facetten von Motorpsycho. Die musikalische Aufarbeitung der eigenen Karriere startet allerdings erst mit "Nothing to say" von "Demon box", was hier natürlich die ersten Klugscheißer hervorbringen könnte.

Allerdings lässt der von King Crimson gemopste und angepasste Untertitel vermuten, dass Motorpsycho hier weniger Musiknerds befriedigen möchten, auch wenn es mit zwei Bonustracks noch ein wenig Balsam für die krakeelende Streberseele gibt. Und doch trotzdem: Hat sich Gitarrenmusik so wenig weiterentwickelt, dass "Serpentine" noch heute komplett unverbraucht seinen Charme runterspielt. Es steht natürlich irgendwo im ewigen Musiklexikon geschrieben, dass Progbands oder solche Acts, die irgendjemand mit einem Schreibgerät vor sich in diese Schublade steckt, ihrer Zeit gefälligst voraus sein müssen. "The other fool" macht das mit seinen Kaskaden aus Bläsern und Streichern klar. Nach fünfzehn Jahren hat das Stück nicht ein bisschen von seiner Dynamik verloren. Der Preis für nachhaltige Musik geht hiermit an Motorpsycho – zu blöd, dass das alles nicht nachwachsend ist. Denn in letzter Zeit erschien keine Band auf der Bildfläche, die es mit den Norweger aufnehmen könnte. Vielleicht liegen Billy Corgan und Noel Gallagher nicht ganz falsch, wenn sie über den heutigen Rock schimpfen. Aber vielleicht straft die Welt ihre Aussagen und diesen Text, wenn morgen irgendeine Band kommt und ein ähnliches Ding wie "Vortex surfer" abliefert. Es wäre zu schön.

Neben diesem Best Of spendieren Motorpsycho ihren Fans auch ein Buch und eine Ausstellung, denn Du hast es heutzutage als Band ja nur wirklich geschafft, wenn Du es bis in irgendein Museum bringst. Und immerhin: Eine bessere Einführung in die Welt von Motorpsycho als diese Zusammenstellung gibt es wohl nicht. Wer mit unbedarften Ohren an die Band herangeht, möge die letzten Alben ignorieren. Denn "Supersonic scientists" spannt nicht nur den Bogen über die Jahre, sondern auch der Stile – und fühlt sich wie ein komplettes Album an. Kein Stückwerk, sondern tatsächlich Abstimmung. Die Idee hinter dem Sound von Motorpsycho tragen die siebzehn Stücke perfekt vor sich her. Ob "Go to California" mit seiner Luftigkeit, ob "Cloudwalker" mit seiner abstrusen Steigerung im Refrain oder "The nerve tattoo" mit seinen optimistischen Gitarre, Motorpsycho waren nicht nur ihrer Zeit voraus, schrieben nicht nur Stücke für ein Jahrtausend, sondern schufen Songs für die Ewigkeit. Und auch für die auf dieser Zusammenstellung vermissten Songs hat die Band einen Trost: "Picking representative songs from such a big production will always lead to compromises and someone will always miss their favourites no matter what: We're sorry if your favourite songs aren't on here, but you know where to find them already, don't you?" Ein Glück.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Vortex surfer
  • The nerve tattoo
  • The other fool
  • Go to California

Tracklist

  • CD 1
    1. Nothing to say
    2. Little lucid moments
    3. Vortex surfer
    4. Dominoes
    5. Starhammer
    6. The nerve tattoo
    7. Starmelt/Lovelight
    8. In our tree
    9. Psychonaut
  • CD 2
    1. The other fool
    2. The afterglow
    3. Go to California
    4. Cloudwalker
    5. Cornucopia (... or Satan, uh... something)
    6. Serpentine
    7. The golden core
    8. Toys
Gesamtspielzeit: 100:05 min

Im Forum kommentieren

Pancake

2018-08-12 16:03:42

Spielt der Titel wohl einerseits auf King Crimson und andererseits auf Genesis ("Supper's ready" auf der Foxtrot) an ? Könnte zumindest sein...

The MACHINA of God

2015-12-17 20:48:37

Ich glaube ja, das ist der Gag. :)

Starjammer

2015-12-16 22:36:04

Fatal wäre es übrigens, wenn jemand auf die Idee käme, bei der "Heavy Metal Fruit" die Lautstärke hochzudrehen, wenn das leise Intro läuft. Dann würde man vom Anfangsriff von "Starhammer" erschlagen werden. :) Diese Schweine ...

Starjammer

2015-12-16 22:31:08

Interessant, dass sie bei "Starhammer" das extrem leise Intro weggelassen haben, aber verständlich. Auf "Heavy Metal Fruit" ist es dermaßen leise, dass man es tatsächlich kaum hören kann und man es sich demnach hätte schenken können. Das nervt mich immer an dem Album, weil man noch nicht die Lautstärke korrekt einstellen kann.

Was gibt's sonst noch zu sagen? Hey, es ist Motorpsycho, besser geht's doch nicht. Bin bereits beim ersten Durchgang vollends überzeugt, aber was hätten sie auch falsch machen sollen, diese Traumband? Eigentlich 10/10.

kyuss

2015-12-11 12:22:05

mein 5-jägriges Sohn hört Kyuss!

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