Locas In Love - Kalender

Staatsakt / Universal
VÖ: 20.11.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Von unten nach oben

Protokoll des Geheimchats der Plattentests.de-Endredaktion beim Social-Media-Riesen mit dem Daumen vom 5.11.2015 – Bremmer (13:45 Uhr): "Ich habe gerade so gar nichts wirklich Interessantes zu hören. Auch die neue Locas In Love macht mich nicht an." Holtmann (13:47 Uhr): "Locas In Love würden mich auch nicht anmachen." Zwischen diesem Gespräch und der Abgabe dieser Rezension sind nunmehr vier Tage vergangen. Nach der wochenendlichen Endlosschleife von "Kalender" musste der Rezensent seine Meinung allerdings deutlich nach oben korrigieren. Und Kollege Holtmann ("Wie unendlich scheiße ist denn bitte Adam Angst?") und Kollege Bremmer ("Adam Angst ist mein absolutes Highlight 2015.") sind wohl mal wieder nicht so ganz einer Meinung. Letzterer ist nämlich eigentlich ein großer Fan von Locas In Love. Und wenn die Kölner wie heuer, 2015, gleich zwei Alben veröffentlichen – neben "Kalender" auch noch "Use your illusion 3 & 4" im Frühjahr – dann freut er sich wie blöd.

Der Opener "Alle meine Großeltern" erwischt einen, sobald man sich darauf einlassen kann, ganz eiskalt: "Mittlerweile sind all meine Großeltern tot", lautet der Einleitungssatz. Locas In Love stellen den Verfall an die Front ihres Albums, um vom absoluten Nullpunkt elf weitere Songs lang wieder aufzubauen. In "35 Tausend Millionen" sprechen die Kölner von der Austauschbarkeit von allem und jedem und vom begleitenden Fluch wie Segen. Die gezupfte Gitarre wird im Chorus von stürmischen Drums und dramatischer Orgel umgarnt. Björn Sonneberg interpretiert mehr im Spoken Word als im Gesang und kommt schließlich zur Konklusion: "Mir wurde beigebracht, dass alles ersetzbar ist / Ich glaube es nicht." These zerstört!

Das mit Kirchenglocken in die Wirrungen des Ätherischen verschobene "Oh!" hingegen möchte die depressive Stimmung nicht ablegen. "Es gibt kein richtiges Leben im Bürgerlichen", zitiert die singende Stefanie Schrank Adorno nur halbrichtig und fährt fort: "Und ich mach mir solche Sorgen." Diesen Missstand soll "Gebet" beheben: "Herr Jesus leg Deine heilenden Hände auf meinen Kopf", wird da Richtung Himmel gefleht und etwas neckisch mitgegeben: "Wenn Du das schaffst, glaub ich an Deine Kraft." Dass Glaube so nicht funktionieren kann, wissen Locas In Love selbst, aber die reinigende Wirkung des einfachen Aussprechens der Hoffnung ist unbestreitbar und macht so vieles wieder ganz.

Die zweite Chance für das neue Werk jedenfalls hat sich gelohnt, denn Locas In Love machen so weiter wie bisher: Es sind diese kleinen Weisheiten, die sie immer so ganz beiläufig einstreuen und das Herz aufhorchen lassen – man muss nur die passende Stimmung finden. Locas In Love überzeugen schlicht damit, dass die Gruppe von Dingen spricht, die ganz nah am echten Leben dran sind, dass sie eine Musik schafft, die oft von ganz unten kommt, aber immer wieder das Licht findet, dass man als Hörer mitleidet und sich mitfreut, dass man sich selbst wiederfindet, wenn es um Krisen wie Höhepunkte geht. Kaum eine andere deutsche Band kann solche Thematiken formulieren, ohne dem Kitsch zu verfallen und sich dabei in einem musikalischen Rahmen zu bewegen, der zwischen Rock und Pop völlig ausgeklügelt daherkommt. Soll der Holtmann doch sagen, was er will.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alle meine Großeltern
  • 35 Tausend Millionen
  • Oh!
  • Gebet

Tracklist

  1. All meine Großeltern
  2. Neues Alphabet
  3. Ultraweiß
  4. Abstract machine
  5. Ich bin eine Insel
  6. 35 Tausend Millionen
  7. Oh!
  8. Ruinen
  9. Gebet
  10. We are cyborg
  11. Ich werde ein Lied für alle schreiben
  12. Gute Nacht
  13. Excellent holiday theme
Gesamtspielzeit: 45:33 min

Im Forum kommentieren

AndreasM

2016-01-25 13:17:12

Wir spielen Ende Januar in Stuttgart und Saarbrücken und gehen im April und Dezember wieder auf Tour. Die Apriltermine stehen bereits alle, siehe unten, nur am 18.4. ist noch eine Lücke. Wer eine brauchbare Idee hat, wo wir irgendwo ganz grob zwischen Offenbach und München vorbeikommen sollen melde sich bitte gerne schnell bei Benny (info@genausogut.net). Wohnzimmerkonzert: denkbar.

29.01. Stuttgart - Merlin
30.01. Saarbrücken - Summa Cum Laude

15.04. Düsseldorf - Zakk (Staatsakt Labelabend mit LIL & Isolation Berlin)
16.04. Dortmund - Sissikingkong*
17.04. Offenbach - Hafen 2*
18.04. TBA
19.04. München - Feierwerk*
20.04. Nürnberg - MUZclub*
21.04. Karlsruhe - Jubez*
22.04. Jena - Glashaus im Paradies*
23.04. Bremen - Etage 3 @ Lagerhaus*
24.04. Münster - Skater's Palace*

(* mit RATS)

AndreasM

2015-12-14 13:21:31

Dann ist jetzt auch schon der Zeitpunkt gekommen, um meine Enttäuschung zurück zunehmen. Ein Locas-Album ist eben ein Locas-Album ist eben ein Locas-Album.
Das heißt sowohl: ein Album, welches mich nicht doch irgendwann bekommt, können sie nicht machen. Dafür sind sie mir über die Jahre einfach zu sehr ans Herz gewachsen und treffen bei mir (gerade textlich und thematisch) immer wieder einen Nerv.
Das liegt aber auch damit zusammen, dass sich alle Alben der letzten Jahre thematisch kaum unterscheiden. Vielleicht rührt daher auch die anfängliche Enttäuschung über "Kalender".
Das tröstliche "Use your illusion 3 & 4" finde ich in 2015 besser, aber im Gegensatz zu "Kalender" ist da die Kennenlernzeit ja auch länger.
Mit den genannten Highlights in der Rezension kann ich in der Zwischenzeit auch gut mitgehen.

lukas in love

2015-11-29 01:17:43

"excellent holiday theme" ist ja mal kranker scheiß. hätte ich so nicht erwartet. :D

AndreasM

2015-11-24 09:46:19

Bei mir ist es genau andersherum. Nach den ersten 2 Durchgängen bin ich zum ersten Mal ein wenig enttäuscht von einer Locas-Platte. Aber bei Kollege Bremmer scheint es ja genauso gewesen zu sein, ich habe also noch Hoffnung.
"35 Tausend Millionen" ist aber auch für mich der stärkste Song der Platte.

Michael

2015-11-24 02:17:51

Richtig gutes Album, gefällt mir um Längen besser als "Use Your Illusion 3&4", mit dem ich nie so wirklich warm geworden bin. Highlight des Albums ist für mich "35 Tausend Millionen"; der Wandkalender ist sehr gelungen und ein tolles Extra.

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