Christina Vantzou - No. 3
Kranky / CargoVÖ: 23.10.2015
Drone aus dem Orchestergraben
Christina Vantzou, in Brüssel beheimatete Komponistin und Videokünstlerin aus Griechenland, ist vor ihren beiden auf Kranky erschienenen Solowerken schon musikalisch in Erscheinung getreten, als sie mit Adam Wiltzie das audiovisuelle Projekt The Dead Texan gründete. Dieser hat mit Stars Of The Lid und A Winged Victory For The Sullen mittlerweile Ambient- und Neoklassik-Geschichte geschrieben. Ihre schlichte Illustration "Nips and lips" ziert nicht nur das Cover des umwerfenden, in Brüssel aufgenommenen Debüts von A Winged Victory For The Sullen. Auch ihre bisherigen Soloveröffentlichungen stehen sowohl in unmittelbarer Nähe zum Spätwerk von Stars Of The Lid als auch verströmen Vantzous Kompositionen dieselbe klassische Eleganz wie Wiltzies mit Dustin O'Halloran gegründetes Zweitprojekt. Doch damit ist auf "No. 3" Schluss!
Denn dieser siebzigminütige Brocken steht zunächst einmal allein für sich und thront in universellen Weiten im eigenen Selbstverständnis. Allein in "CV" und "Pillar 1" erlaubt sich Vantzou eine Rückbesinnung auf feingliedrige Klassikminiaturen und die lässige Melodieseligkeit des Vorgängers. "Valley drone" hingegen gibt die Marschrichtung von "No. 3" bereits in seinem Titel preis: Das dritte Album von Christina Vantzou ist eine stilistische Verlautbarung, wie Drone mit analogen Mitteln klingt. Im besten Sinne eintönige Streichinstrumente erklingen in langen Intervallen, dazu hintergründiges, subtiles Donnern der Pauken. Langanhaltende, tieffrequente Töne der Blasinstrumente benebeln die Sinne. Und dann sind es genau die eben noch derart bedrohlich wirkenden Streicher, die gezupft plötzlich um das melodische Gerüst besorgt sind, wie im nur zweiminütigen "The library". Darin wird der dominierende Kontrabass-Rhythmus mit Fingerspitzengefühl nahtlos in ein Violinen-Motiv übersetzt. Doch auch diese Verlagerung kreiert eher Horrorfilm-Suspense als Erleichterung.
Ein Horn, zahlreiche Holzblasinstrumente, Geige und Kontrabass kreuzen den Weg von synthetischen Drones. In "Entanglements" sind einzelne Instrumente immer wieder bestrebt, sich aufzulehnen gegen die undurchdringliche Schattenwand aus nur angedeuteter Strukturiertheit. Schon darin mischt sich eine Stimme sachte ins Klanggerüst. In "CV" jedoch wirkt der von einer warmen Geigenmelodie eingeleitete Gesangspart wie eine Erlösung. Die Stimme in "CV" erinnert in seiner loop-artigen Wiederholung wie die Atemübungen von Steve Reichs "Music for 18 musicians". Im Verlauf dieser herausstechenden Komposition der seriellen Musik verausgaben sich die Sängerinnen ausgehend von Reichs exakten Berechnungen, indem sie von pausenlosen Akkorden vor sich hergetrieben werden. Einen ähnlichen Kunstgriff vollzieht Vantzou hier, berauscht von fließenden, symphonischen Soundscapes.
Auf "No. 3" manifestiert sich eine nebulöse Stimmung, die vom klassischen Instrumentarium ausgelöst und von digital-hergestellten Ambientsounds befeuert wird. Dieser Drone-Hybrid ist schemenhaft, zerläuft zunehmend ins Abstrakte und steigert mit jedem Hören den Grad des Geisterhaften. "No. 3" ist Christina Vantzous Drone aus der Parallel-Philharmonie.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Valley drone
- Pillar 5
- CV
- Pillar 1
Tracklist
- Valley drone
- Laurie Spiegel
- Pillar 3
- Robert Earl
- The library
- Entanglements
- CV
- Cynthia
- Stereoscope (feat. Loscil)
- Pillar 5
- Moon drone
- Shadow sun
- Pillar 1
- The future
Im Forum kommentieren
hos
2018-03-28 22:20:00
esoterische raumbeschallung. anspruchsferne pseudomusik.
Arbeiter
2018-03-28 21:04:49
Wenig überraschend wird der Nachfolger N°4 heißen.
Hinters Licht geführt
2016-07-11 19:51:03
Auf der Seite des Labels heißt es, sie sei in Kansas City geboren. Das klingt für mich nicht sehr nach Griechenland.
Randwer
2015-11-28 11:57:54
Die Hoffnungen waren nicht trügerisch. Es ist tatsächlich ein großartiges Album.
Randwer
2015-11-01 21:36:36
Das liest sich ganz so, als wäre das ein Album, was mir sehr gefallen wird.
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