Christian Mistress - To your death
Relapse / Rough TradeVÖ: 25.09.2015
Der Cover-Klau
Hallo? Hallo! Ist da jemand? So richtig sicher sind wir uns da nämlich nicht. Christian Mistress sind eine dieser Bands, die so unscheinbar sind, dass sich wahrscheinlich kaum einer unser geschätzten Leser auf diese Rezension verirren wird. Wir könnten natürlich mal in unser Analysetool reinschauen, ein bisschen Keyword-Recherche betreiben und den folgenden Text SEO-mäßig ordentlich aufbohren. Mit diesem Bandnamen und ein paar eingestreuten passenden Stichwörtern ließe sich bestimmt der eine oder andere Suchende von Google hierher locken. Stattdessen versuchen wir es aber lieber auf die ehrliche Weise: Lieber Leser, wenn Du es bis hierher geschafft hast, lies doch bitte weiter und mach danach ein bisschen Wind in den sozialen Medien!
Warum? Weil Christian Mistress schon wieder ein wunderbare Metal-Platte aufgenommen haben, die konsequent gegen alle Trends und allen Kitsch in diesem weitläufigen Genre rebelliert und gleichzeitig so dermaßen klassisch Metal ist, dass Ronnie James Dio gerade hundertprozentig zwei Meter unter der Erde die Gabel in Richtung Sargdeckel reckt und rhythmisch mit dem Kopf wippt. "To your death" das Etikett Indie-Metal anzuheften, führt vielleicht den einen oder anderen Hipster auf die falsche Fährte, ist aber trotzdem ziemlich akkurat. Die fünf Musiker rund um Sängerin Christine Davis pfeifen weiterhin auf alles Gedöns in Sachen Sound und Instrumentierung und lassen sich auch immer noch nicht in eine der vielen anderen Metal-Schubladen stecken. Zu vage bleiben die Anspielungen und Zugehörigkeitsbekundungen auf "To your death".
All das könnte in einer furchtbar farblosen Platte enden. Stattdessen erinnert jeder der acht Songs daran, dass weniger manchmal eben tatsächlich mehr ist, in weiten Teilen der Metal-Welt aber immer noch die Ansicht vorherrscht, dass zu viel noch lange nicht genug ist. Im Endeffekt brauchen sich Christian Mistress gar nicht groß anzustrengen, um sich ihren freiwillig reduzierten Sound unverwechselbar zu eigen zu machen. Das trocken klopfende Schlagzeug gibt von den ersten Takten an ein leicht tänzelndes Midtempo vor, die Gitarren riffen sich darüber entweder stoisch-bluesig durch die Strophen oder umkreisen sich in äußerst ohrwurmigen zweistimmigen Melodien. Christine Davis singt immer noch so charmant-flach und leicht raspelnd wie auf dem Vorgänger "Possession". Der Opener "Neon" groovt sich so nach einem kurzen Solo stampfend in die Gehörgänge. In "Stronger than blood" zieht die Band das Tempo ein bisschen an und in Davis' Stimme schleicht sich eine zwingende Dringlichkeit. "Walkin' around" hingegen beginnt mit einer clever flirrenden, cleanen Gitarre und schweift dann in einen dramatischen Klagegesang ab.
Am rohesten klingt die Single "Open road" mit ihren etwas dahingerotzten Verszeilen, die sich dann aber in den am buntesten glitzernden Refrain der Platte ergießen, auf den wiederum das gniedelig-großartigste Solo folgt. Ausfälle gibt es nicht. "To your death" ist von vorne bis hinten spannend, interessant, handwerklich einwandfrei und unbedingt hörenswert. Und gleichzeitig nach außen hin und auf den ersten Blick so unauffällig, dass die meisten Leute wohl weiterklicken, ohne der Platte eine Chance zu geben. Versuchen wir es also doch mit ein bisschen Keyword-Optimierung und einer seltsamen Anekdote zum Schluss: Kanye West, Ehemann von Kim Kardashian und mutmaßlich großer Fan von Justin Bieber, hat für den Nachfolger seines Hit-Albums "Yeezus" das Cover von Christian Mistress' erstem Album "Agony & opium" geklaut. Unglaublich, aber wahr. Porno. iPhone. Facebook. #love #harrybecareful #followfriday
Highlights & Tracklist
Highlights
- Stronger than blood
- On the road
Tracklist
- Neon
- Stronger than blood
- No place
- Walkin' around
- Open road
- Ultimate freedom
- Lone wild
- III
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snale
2015-10-29 10:51:10
Habe mich bewusst hierher verirrt, weil Christian Mistress einfach eine grandiose Band sind, die, da stimme ich dem Autor 100%ig zu, stets übersehen werden und wahrscheinlich niemals die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient hätten. Warum auch immer. Und das, obwohl Mr Kanye West bei ihnen ein Plattencover geklaut hat. Naja, manche Bands werden auch trotz einer solchen Promo-Steilvorlage nicht in aller Munde sein. Vielleicht ist das auch gut so, wer weiß das schon... :-)
Armin
2015-10-28 21:16:07
Frisch rezensiert!
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