Fenster - Emocean

Morr / Indigo
VÖ: 04.09.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Das Ideenreich

"Once you watch this motion picture / You will never be the same again", heißt es trashig wie verheißungsvoll im Trailer zum Film zum Album "Emocean" von Fenster. Auch wenn das Cover des dritten Werkes der Berliner Band "Original motion picture soundtrack" verspricht, so ist das Bildwerk eher Beigabe zur Musik, die zuerst entstand. Die große Frage lautet daher nun: Reicht schon das alleinige Hören von "Emocean" zu derlei Persönlichkeitsveränderungen?

Umreißt man kurz die Storyline des Filmes, liegt diese Vermutung gewiss schon nahe. Die Band wird in einer Art Mockumentary zur Entstehung des Albums auf einen Auberginen-Planeten in einer psychedelischen Paralleldimension in VHS-Optik gezogen, auf dem neben grauen Anzügen vor allem das Verbot jeglicher Gefühle regiert. Die Musik mit ihren seltsamen Geräuschen und in Raum und Zeit gekrümmten, nun dominanten Basslinien steht dieser fantastischen Verrücktheit in nichts nach. Leider wird der Film nicht mit dem Album ausgeliefert. Allerdings werden Fenster auf ihrer anstehenden Tour die bewegten Bilder in Stummfilm-Manier live und in viel Farbe begleiten.

Nach den beiden tollen Vorgänger-Platten "Bones" und "The pink caves" hat sich die Bandkonstellation leicht verändert. Neu-Schlagzeuger Will Samson bekommt auf "Emocean" mit "Samson's theme" gleich einen Track auf den Leib geschneidert. Es ist das erste Stück der Platte, das mit etlichen Perkussionsinstrumenten groovt, während Handclaps und tirilierende Flöten die imaginativen Möglichkeiten des Cerebrums zelebrieren. Geschickt werden immer wieder ähnliche Up-Tempo-Nummern eingestreut und bilden Inseln in den ansonsten verträumt-verblassenden Tracks. Anders als auf den vorangegangen Alben findet hier keinerlei Gesang statt, wenn man vom schläfrigen Singen in "Memories" absieht, das aber ohnehin von den bereits vertrauten Surf-Gitarren der Band und einem vitalisierenden Saxophon zum Nebenschauplatz gemacht wird.

"Eyeland" lehnt sich zunächst in der musikalischen Vergangenheit zurück und sendet kauzige Töne in kosmische Welten, ehe sich in der Mitte des Tracks scheinbar ein Bösewicht in Halbkreisen lauernd anschleicht. Im Anschluss geht dann in "Le fleurs" nach leise rauschenden Synthies tatsächlich ein Blumenmeer auf und "Mental blues" intoniert computerspielartig und gluckernd eine Verfolgungsjagd zwischen Zeit und Raum. Fix ist alles mit einem Griff ins hängende Glockenspiel verwischt.

Nur ein Jahr nach "The pink caves" haben sich Fenster auf "Emocean" ein Stück weit weiter hinaus gewagt. Die oft bizarren Klanglandschaften sind geblieben, auch wenn sie jetzt weniger ausformulierte Songstrukturen bilden. Insgesamt schaffen es die vier Berlin-Zugezogenen gekonnt, ihren bisherigen, wattigen Lo-Fi-Sound auf diesen Sci-Fi-Soundtrack zu übertragen. Und nein, Persönlichkeitsveränderungen wird man nach dem Hören von "Emocean" nicht erfahren, auch wenn sich in der himmlisch aufgeführten Welt zwischen Traum und Wachheit etliche detaillierte Routen einschlagen lassen. Ein Besuch der anstehenden Stummfilm-Tour wird sich mit Sicherheit lohnen und wer weiß, welche Auswirkungen das Zusammenfügen von Bild- und Tonwelt final dann doch noch herbeiführen wird.

(Andreas Menzel)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Samson's theme
  • Memories
  • Off the cahin

Tracklist

  1. Emocean
  2. Mental blues
  3. Samson's theme
  4. Eyeland
  5. Les fleurs
  6. Memories
  7. Upside dawn
  8. Off the cahin
  9. Phantasia
  10. Laer si live
  11. Lettuce Sea
Gesamtspielzeit: 44:54 min

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Armin

2015-09-23 21:22:12

Frisch rezensiert!

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