Blank Realm - Illegals in Heaven

Fire / Cargo
VÖ: 18.09.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Ganz keiner Meinung

Meinungen gibt es an jeder Straßenecke. Oder hat hier irgendjemand etwa noch nie mit einer zwielichtigen, knollennasigen Person im Trenchcoat folgenden Dialog geführt: "Psst! Willst Du eine 7/10 kaufen?" – "Eine 7/10?" – "Geeeenaaaau!" Na also. Okay, okay: Auch "Illegals in Heaven" bekommt auf Plattentests.de eine Bewertung. Trotzdem ist es eine erfrischende Abwechslung, dass es Gruppen wie Blank Realm gibt. Den Australiern ist es nämlich egal, dass sie schon mit so verschiedenen Künstlern wie Zola Jesus, Robert Forster, Kurt Vile oder Grouper auf der Bühne standen: Fragt man Sänger Daniel Spencer nach seinem Berufsethos, kommt lediglich ein "I got no views on it / It's just something that I do" zurück. Und fragt man ihn nicht, packt er diesen Satz eben in den Opener des fünften Albums seiner Band. Und auf dem geht's richtig rund.

Schon nach kurzer Zeit kann man nachvollziehen, woher die Zurückhaltung rührt, wenn Blank Realm ihr Schaffen beschreiben sollen: So einfach ist das schlicht und ergreifend gar nicht. Nicht, wenn "No views" mit gespreizt aufheulendem Anfangsriff, metallisch zersplitternder Gitarre, Rhythmusgruppe im Schweinsgalopp und Spencers leicht übersteuertem Gesangs-Japsen mittsechziger Psych-Rock, Post-Punk aus der Betonwüste und pöbeliger Garage'n'Roll auf einmal sein will. Das klingt aufs erste Ohr wie ein Frontalaufprall mit Anlauf, bei dem sich The Human Beinz, Bloc Party und Royal Trux gleichzeitig ganz viele blutige Nasen holen. Den eigenen Riechkolben also besser einziehen. Danach hat das Quartett aus Brisbane des Hörers ungeteilte Aufmerksamkeit – und in den weiteren, deutlich zurückgenommeneren 38 Minuten auch ein Einsehen.

Zumindest was den überbordenden Krach vom Anfang betrifft. Aufs Ganze geht "Illegals in Heaven" unverändert, wenngleich mit subtileren Mitteln. Das ebenso herrlich verspielt wie präzise vor sich hin daddelnde "River of longing" etwa lässt an Vampire Weekend denken, die man von sämtlichen Afro- und Calypso-Elementen entkernt und anschließend in einem Eimer voll melodieseliger Quietsch-Psychedelia mit Pillenknick in der Optik getaucht hat: Die Leads jauchzen ausgelassen, Spencer gluckst verliebt, die Welt ist fast zu groß, um sie zu umarmen. "Costume drama" und "Flowers in mind" sind ähnlich unterwegs, ziehen das Tempo jedoch merklich an und landen am Ende in einer glühenden Bratpfanne aus schmurgelndem Distorto-Lärm. Hier bringt viel ausnahmsweise wirklich einmal viel – duftende Blümchen und schreiend bunte Verkleidungen inklusive.

Und wer weiß: Vielleicht plagt Blank Realm ja eine heimliche Schwäche für bluesigen Classic Rock? Falls ja, kann "Cruel night" sie kaum verhehlen. Zu selbstvergessen der Hawaii-Twang und die schrottig neben sich herlaufende Beatbox, zu deutlich die Reminiszenz an die Melodieführung von Dire Straits' "So far away". Eine hinreißende kleine Volte, die allerdings bald von einem romantisch-akustischen "Dream date" und wildem Tanz-Tumult im "Palace of love" überspült wird – in diesem Augenblick droht es dieses Album vor geschwinder Glückseligkeit beinahe zu zerreißen. Und dass der Rückweg des auf behutsamen Reverbs und flirrenden Synthies einschwebenden Rausschmeißers "Too late now" seine Zeit dauert, verdeutlicht vor allem: "Illegals in Heaven" ist weit draußen und gleichsam mittendrin. Zwei Meinungen? Gibt's nicht bei so einem großen Wurf. Egal wo.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • River of longing
  • Cruel night
  • Palace of love

Tracklist

  1. No views
  2. River of longing
  3. Cruel night
  4. Costume drama
  5. Dream date
  6. Flowers in mind
  7. Gold
  8. Palace of love
  9. Too late now
Gesamtspielzeit: 41:42 min

Im Forum kommentieren

nörtz

2015-10-27 19:54:37

Hat sich das nun eigentlich mal jemand angehört/geholt?

saihttam

2015-09-18 15:22:00

Hat die jemand schon mal live gesehen?
Heute Abend spielen sie nämlich in Offenbach und ich bin noch unschlüssig, ob ich hingehen soll.

nörtz

2015-09-11 22:13:02

Falling Down The Stairs

https://www.youtube.com/watch?v=0BdVJ0dC3IE

"The War In Drugs" als Referenz passt. Die Stimme erinnert oft an Granduciel.

nörtz

2015-09-11 21:58:46

Bulldozer Love ist auch sehr schön:

https://www.youtube.com/watch?v=lacPB7WL8FQ

Armin

2015-09-10 22:27:27

illegals in heaven erscheint erst in 8 tagen. da ist das mit der resonanz so eine sache...

Eben. "Da hör ich rein" postet man ja eher nicht so. Ich bin gespannt, was Ihr meint.

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