Rivulets - I remember everything

Jellyfant / Popup / Cargo
VÖ: 11.09.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wer nicht fragt, bleibt stumm

Die gefühlte Wahrheit: Rivulets ist der Act, der auf Festivals auf einer Nebenbühne spielt. Auftritt ca. 17 Uhr. Ein paar Leute haben sich gezielt zum Auftritt begeben, viele hören im Vorbeigehen, wie Nathan Amundson wahlweise in die Saiten seiner akustischen oder elektrischen Gitarre greift. Einige verlangsamen das Tempo, drehen sich mit Bier in der Hand zur Bühne, bleiben stehen, hören zu, und zum Ende der Show steht dort eine kleine Menge an Leuten, die, auch wenn sie Rivulets bis dato noch nicht kannten, Teile seiner Songs mitsingen und im Kopf mit nach Hause nehmen. Rivulets baut nach und nach Draht zum Hörer auf, er weckt und nährt den Instinkt der Verbundenheit und streut dafür hartnäckig repetitive Elemente.

"Are you ready now?", fragt der Mann aus Denver wieder und wieder im Opener "Reinforced/Delicate". Warum macht er das? Vielleicht weil mit "Into the night" eine der beiden Herzklappen von "I remember everything" folgt. Der Song, so lässt es sich jedenfalls interpretieren, erzählt von einer Person, die in Selbstmitleid badet, trinkt, und soziale Beziehungen unentwegt gegen die Wand fährt: "How long till you've had everyone?" Tristesse und Schönheit zugleich versprühend wäre es ein schmückender Song für jeden Road-Movie, dessen gedoppelte, dezent kanonisch angelegten Vocals den Hörer ruckzuck in den Chor der Melancholiker einschließt. "The clicking of the keys, a sound that keeps you company into the night."

Wie auch schon Strand Of Oaks mit "JM" auf "Heal" huldigt Amundson auf seinem fünften Album als Rivulets dem zu früh verstorbenen Jason Molina, der ein wichtiger Einfluss für "I remember everything" gewesen sein muss. In "Ride on, Molina" drehen die Gitarrenfiguren viele Schleifen und Amundsons Textpartikel ebenso: "The muse don't care what chords you use / The time to burn is yours to choose." Mit fast acht Minuten geht das wohl als epischer Minimalismus durch. Oft dem Slowcore zugewandt, kann Amundson auch anders. Im nur gut einminütigen E-Akustik-Stück "Carry you" gesteht sich die Hauptfigur häufiges Scheitern ein, während "My favorite drug is sleep" seine Zuflucht in der Bettenburg sucht und dabei ein wenig so klingt, als würden Nick Drake und Elliott Smith den "Mellow gold"-Beck interpretieren.

Wir sind aber noch die zweite Herzklappe schuldig. Auch wenn sich "Is that all you've got" beste Mühe gibt, sticht dann doch nicht die Singer-Songwriter-Nummer mit Banjo-Begleitung im Lo-Fi-Gewand am eindringlichsten neben "Into the night" hervor. Zu großartig baut sich "Your own place to ruin" auf. Dabei dreht Amundson gegen Ende des Indie-Rock-Songs nur an ein paar Stellschrauben: Die Snare scheppert etwas mehr, der Griff in die Saiten wird ein Tick beherzter und der Gesang ein wenig intensiver, was der Kernfrage "Isn't it time you find your own place to ruin?" mehr und mehr Nachdruck verleiht. Das sind jene Zeilen, die man mit nach Hause nimmt und die morgen auf T-Shirts prangen.

PS: In puncto Cover des Jahres auch ziemlich weit vorne.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Into the night
  • Is that all you've got
  • Your own place to ruin

Tracklist

  1. Reinforced/Delicate
  2. Into the night
  3. My favorite drug is sleep
  4. Summer rain
  5. Is that all you've got
  6. Ride on, Molina
  7. I was once a handsome man
  8. Carry you
  9. Your own place to ruin
  10. Wrong all the time
Gesamtspielzeit: 41:18 min

Im Forum kommentieren

Mr Oh so

2021-08-09 18:30:47

Schönes Ding. Aber wohl wenige Fans hier.

Obrac

2021-04-16 13:55:22

Rivulets sind super. Es gibt aktuell auch ne neue EP namens "Happy New Year".

Der Wanderjunge Fridolin

2021-04-16 13:46:07

Finde ich gerade echt toll!

Armin

2015-09-02 18:39:40

Frisch rezensiert!

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