U2 - The best & the b-sides of 1990-2000
Island / UniversalVÖ: 04.11.2002
Popmart
Das Weihnachtsgeschäft der Plattenindustrie ist eröffnet. Wie man dies bereits Anfang November zweifelsohne feststellt? Ganz einfach: Man durchforste die Liste der Neuerscheinungen auf die Zeichenfolgen "Best of" und "Greatest hits". Echte und vermeintliche Riesenerfolge und Hammersongs von echten oder vermeintlichen Superstars werden (oft genug wahllos) zusammengewürfelt. Das ist ähnlich nahrhaft wie Spritzgebäck, spannend wie Klein-Hosenscheißers Adventsgedichte und so unabwendbar wie der von Spendengesuchen und Spielzeugkatalogen platzende Briefkasten.
Was das alles mit U2 zu tun hat? Nun, mit dem eigentlichen Anlaß für derlei vorwinterlichen Aufwand hat das ganze Brimborium auf den ersten Blick ähnlich wenig zu tun wie die postindustriellen Rhythmen von "Achtung baby" mit den salbungsvollen Bekenntnissen aus der U2schen Frühzeit. Der weltverbesserliche Pathos des Joshua-Baumes blieb auf dem Berliner Album der vier Iren für nicht wenige Alt-Fans kaum nachvollziehbar außen vor. Ironie und Groove waren plötzlich eingekehrt und machten den ehemaligen Fahnenschwenkern Tanzbeine.
Und doch hatten Hymnen wie "One" oder "Mysterious ways" alles, was Vorgänger im Geiste wie "With or without you" oder "I still haven't found what I'm looking for" ausgemacht hatte: Emphase, Geste, Melodie. Auch unter den Effektbergen von "Zooropa" und "Pop" tauchten immer wieder Momente auf, die U2 trotz ihres betont "modernen" Anspruchs als melodische Traditionalisten entlarvten. Kein Wunder, daß sie sich mit dem einsehend betitelten "All that you can't leave behind" auf alte Tugenden besannen.
Eine alte Tugend greifen U2 deswegen auch mit "The best & the b-sides of 1990-2000" auf. Das Konzept des Vorgängers, der neben Singlehits und ausgewählten Songs des ersten Jahrzehnts der Herren Evans, Hewson, Clayton und Mullen auf einer zweiten Silberscheibe auch vergessene und versteckte Kleinode zwischen Mittelmaß und Überraschung aneinanderreihte, wird fortgesetzt. Mehrwert versprechen zudem die beiden neuen Songs. Während sich aber die gekonnte Single "Electrical storm" als Gleichgestellte unter die alten Hits gesellt, entpuppt sich "The hands that built America" als verkitschter Fehlschlag.
Das Tracklisting ist sinnbildlich für U2s Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt: Konservatismus traf und trifft auf dezente Fortschritts- und Selbstverwirklichungsversuche. Und so kommt es, daß sich auf CD Nummer Eins Kassenschlager wie "Miss Sarajevo", "Staring at the sun", "Hold me, thrill me, kiss me, kill me" oder "Beautiful day" tummeln, während die nur kurze Zeit im Paket erhältliche zweite Silberscheibe mit Remixes, B-Seiten und Remixes von B-Seiten aufgefüllt wurde. Daß einige Hits wie "Please" oder die reduzierte Singlefassung von "Who's gonna ride your wild horses" zugunsten von höchst mediokrem Kram wie "Salomé (Zooromancer remix)" oder "If God will send his angels (Big yam mix)" unter den Tisch fallen, muß nicht jeder nachvollziehen können. Aber so ist das eben mit "Best of"-Platten: Man kann es nicht jedem recht machen. Nicht einmal, wenn man die irischste Rockband dieses Planetens ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mysterious ways
- Beautiful day
- One
- Hold me, thrill me, kiss me, kill me
- Numb (New mix)
Tracklist
- CD 1
- Even better than the real thing
- Mysterious ways
- Beautiful day
- Electrical storm (William Orbit mix)
- One
- Miss Sarajevo (Radio edit)
- Stay (Faraway, so close!)
- Stuck in a moment you can't get out of
- Gone (New mix)
- Until the end of the world
- The hands that built America
- Discothèque (New mix)
- Hold me, thrill me, kiss me, kill me
- Staring at the sun (New mix)
- Numb (New mix)
- The first time
- CD 2
- Lady with the spinning head (Extended dance mix)
- Dirty day (Junk day mix)
- Summer rain
- Electrical storm
- North and south of the river
- Your blue room
- Happiness is a warm gun (The gun mix)
- Salomé (Zooromancer mix)
- Even better than the real thing (The Perfecto mix)
- Numb (Gimme some more dignity mix)
- Mysterious ways (Solar plexus club mix)
- If God will send his angels (Big Yam mix)
- Lemon (Jeep mix)
- Discothèque (Hexidecimal mix)
Referenzen
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- U2 (451 Beiträge / Letzter am 22.01.2024 - 20:59 Uhr)