Riverside - Love, fear and the time machine
InsideOut / UniversalVÖ: 04.09.2015
Keine Frage
Man könnte jetzt oberflächlich an eine neue Riverside-Platte herangehen. Zum Beispiel mit der Frage, ob denn der Band auch dieses Mal ein mehr oder weniger gelungener Gag in Sachen Albumtitel einfällt. Und siehe da: "Love, fear and the time machine" ist das sechste Album der polnischen Progger und hat sechs Wörter im Titel. Wow. Man könnte aber auch wieder die allseits beliebten Vergleiche mit Porcupine Tree heranziehen und fragen, ob der Härtegrad der Platte im Vergleich zum Vorgänger erneut angezogen wird oder ob die immer gegenwärtige Melancholie der Songs dieses Mal die Oberhand behält. Dazu später mehr. Man könnte an "Love, fear and the time machine" aber auch die Frage stellen, ob diese Platte wenigstens im Ansatz die erhabene Großartigkeit des Vorgängers "Shrine of new generation slaves" zu erreichen imstande ist.
Erster Durchlauf. Und nach wenigen Sekunden bist Du gefangen. Gefangen im sanften Gewebe einer bittersüßen Melodie. Die auf einem sanften Bassteppich dahinzugleiten scheint, fragil und doch unumstößlich. Nur ist die Ruhe trügerisch, mündet "Lost (Why should I be frightened by a hat?)" doch spätestens zur Hälfte des Songs in ein Riff, dessen simple Eingängigkeit schon fast frech ist, ohne jedoch durch zu große Ruppigkeit zu verstören. Und spätestens beim folgenden "Under the pillow" wird die eingangs gestellte Frage nach dem Härtegrad endgültig beantwortet. Ja, es kracht durchaus noch. Nein, das verstört nichts und niemanden. Und das ist auch Sinn und Zweck der Übung, liegt der wahre Zauber doch im Detail, hier in der wunderbar verspielten Schlussphase des Songs.
Riverside werden also weicher, weichgespült gar? Auch dies nicht. Denn die Polen gehen einen Schritt zurück in die musikalische Frühphase der Band, streichen einen Großteil der bleiernen Schwermut und gehen genau dadurch vorwärts. Klingt widersprüchlich, ist aber letztlich in seiner Konsequenz brillant. Nehmen wir einmal "#Addicted": Was vordergründig als nettes Liedchen vorbeizumarschieren scheint, entpuppt sich als Ohrenschmeichler, gekommen, um genau dort zu bleiben. Überhaupt besticht der Mittelteil der Platte eben gerade durch seine Einfachheit, durch die Lässigkeit, mit der Frontmann und Bassist Mariusz Duda mittlerweile feinste Prog-Kost liefert. Denn viel mehr als einen kleinen, aber effizienten Basslauf als Fundament und ein paar Moll-Akkorde braucht es offenbar nicht, um große Kunst zu erschaffen. Und für diejenige Fraktion, die unter Progressive Rock nicht nur die Neudefinition eigener Grenzen, sondern instrumentale Feuerwerke versteht, bieten "Saturate me" und "Towards the blue horizon" zudem Frickelparts, wie sie für Riverside bislang eher unüblich waren.
Womit wir wieder bei den Fragen wären. Nein, die alles niederreißende emotionale Wucht der Vorgängerplatte erreicht "Love, fear and the time machine" nicht ganz, dazu fehlen die ganz großen Widerhaken. Aber wäre nicht genau das der Stillstand, den man dann der Band umso genüsslicher zum Fraß vorwerfen würde? Es gibt genau einen großen Fehler, den man mit dieser Platte machen kann. Nämlich den des beiläufigen Nebenbeihörens. "Love, fear and the time machine" ist eben nicht verstörend. Will es auch nicht sein. Und genau deswegen wirkt die Platte zutiefst emotional und aufwühlend. Denn plötzlich findet die Welt draußen nicht mehr statt. Der Klangkosmos von Riverside mag vordergründig sanfter geworden sein. Seichter ist er mit Sicherheit nicht. Sondern hintergründiger und vielschichtiger. Brillant.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Under the pillow
- #Addicted
- Saturate me
- Towards the blue horizon
Tracklist
- Lost (Why should I be frightenend by a hat?)
- Under the pillow
- #Addicted
- Caterpillar and the barbed wire
- Saturate me
- Afloat
- Discard your fear
- Towards the blue horizon
- Time travellers
- Found (The unexpected flaw of searching)
Im Forum kommentieren
Armin
2016-09-23 18:06:55
RIVERSIDE – äußern sich zur Bandzukunft + "Eye Of The Soundscape" Vorverkauf läuft
Polish prog masters RIVERSIDE have released a statement regarding the future of the band and you can find the full text below:
Dear Friends,
We'd like to thank you again for your friendship and support throughout this most tragic time for us and we'd like to officially announce that we have made a decision about our future.
We have decided that we are not going to do a casting for a new guitarist. Thus we have ceased to be a quartet and have become a trio. In this line-up we will prepare our new studio album. Both in the recording studio and on tour - if we get back to touring - we will be playing with session guitarists, who are our friends, whom we know and like. But the line-up of Riverside will be as shown in the picture.
Yes, we do realise that this is not going to be the same band. We know that for many of you the story of Riverside ends here, this year, and that "Eye of the Soundscape" might be the last Riverside album you'll buy. We know that some of you can't imagine this band without the characteristic guitar of Piotr Grudziński and for you Riverside has ceased to exist. But our story is not over yet; with a flaw, with a scar, with a wealth of new experiences, we have decided to go on.
We know stories of many bands that have survived and have been successful, in spite of all. And we want to be the living proof that giving up is not an option and that we can be an inspiration for others, too. For as long as we can, we'll continue to do our best to create and meet with you wherever the emotions are running high. Grudzień will still be with us. We are definitely not going to forget him. He's a part of our lives. But in order for the memory of him to survive, we have to continue. And we want to. So we're embarking on another journey and we are thankful to everyone who will join us.
Our plans for the nearest future?
Next year we're going to start working on a new album. Marked by the circumstances, it will probably be a return to heavier and more intense sound. But before that, in February 2017, on the anniversary of Piotr's death, we'd like to play our first gig. A very special gig which will be an exceptional event. We'd like to play it with guests, with friends, for Piotr, for us. And for you. We'd like our music to be the hero of that day, we'd like to let it speak for itself. We'll give you more details about it in the coming weeks.
The river will never be the same again but it doesn't mean it has to stop flowing.
Best regards,
Mariusz Duda, Piotr Kozieradzki, Michał Łapaj
marcin
2016-02-22 18:55:37
rip! :-(
Vennart
2016-02-21 22:58:10
Oh nein wie schrecklich, ich kann es nicht fassen :(
Ruhe in Frieden Piotr. Danke für die wunderbare Musik.
javra_
2016-02-21 22:52:48
RIP Piotr :(
Obrac
2015-09-16 12:41:14
Groß, das Album. Genau das, was man sich nach der schon guten letzten erhoffen konnte.
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