Matteo Capreoli - Zuhause

PIAS / Rough Trade
VÖ: 28.08.2015
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Zielgruppenmarketing

Hach, Plattentests.de und die Mat(t)eos, da gibt es ja so einiges Erzählenswertes. So beispielsweise die Posse um die 2/10-Wertung für Mateo Jaschiks Solo-Debüt "Unperfekt" aus dem Jahre 2014, die den Gelackmeierten – bekannt aus Funk, Fernsehen und Internet als Culcha-Candela-Macker und Flow-Haber – just gegen die Redaktion dieses kleinen aber feinen Digital-Blättchens Sturm laufen bzw. shitstormen ließ. Nicht nur um ein "t" und das gelockte Haupthaar reicher, sondern auch um einen Punkt in der Plattentests.de-Skala ist Matteo Capreoli mit seinem Erstwerk "Zuhause". Aber, machen wir uns nichts vor: 3/10 sind auch ziemlich scheiße.

Warum das so ist, ist bereits deutlich in der Vorabsingle "Bus" herauszuhören: Das Aufregendste am Track ist die direkt zu Beginn einsetzende Bassline. Ansonsten markiert Capreoli den modernen, händeklatschenden Hobo, der das Leben ja allzu sehr liebt und sich seinen Schwankungen unterwirft: "Das Leben will immer da hin, wo es noch nicht war". Ja ja, man will eben immer das, was man nicht kriegen kann – außer man hat sich eben doch einmal dazu durchgerungen mit sich selbst klarzukommen. "Landstreicher" nimmt sich mit Break-Beat und E-Gitarre das gleiche Thema zur Brust, genau wie das eröffnende "Zuhause", das zwischen Swing und Folk doch einmal den Weg in die Heimat findet, um gleich festzustellen: "Ich werde kommen, um wieder zu gehen." Rastlosigkeit ist ja nicht per se negativ, aber hat hier den Charme eines halb über die Hand geschmolzenen Caretta-Eises. Da nervts dann sogar, wenn die Sonne scheint.

Das Ukulele-Fingerschnips-Stück "Heute nur bis morgen" widmet Capreoli schmachtend dem geliebten Gegenüber, welchem er täglich von Neuem speichelleckend hinterher kriecht. Anschließend gliedert sich "L.A." an, welches das Machschema wiederholt und Samy Deluxe übernehmen lässt. Andere waren noch niemals in New York, Capreoli dagegen schwärmt im Falsett von der Stadt der Engel, die er noch nie besuchte. Das letzte Drittel gehört dabei ganz Samy, der die Stimmung völlig aus den Fugen hebt und das Stück endgültig zum Miststück transformiert.

Der einzige einigermaßen angenehme Song ist "Die Zeit (Der Alchimist)", denn er präsentiert sich musikalisch durchaus variabler, wechselt angenehm durch Tempi und lässt ein paar Bläser die Atmosphäre vertiefen. Auch die Textzeilen des Titels vermeiden zunächst den profanen Jargon der übrigen Songs, um dann doch wieder in einem schmalzigen "Ich such nach Dir, weil ich mich grade nicht mehr find'" zu gipfeln. Das herauspolierte Element auf "Zuhause" ist und bleibt so eine bittersüße Hausfrauen-Sehnsucht. Da jauchzt die Armada der 50-Plus-Daheimgebliebenen und erinnert sich an die Studiensemester vor Heirat, Kindern und von Putzmitteln verschrumpelten Händen. Das nennt man Zielgruppenmarketing.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Die Zeit (Der Alchimist)

Tracklist

  1. Zuhause
  2. Bus
  3. Frag mich
  4. Kann ich
  5. Heute nur bis morgen
  6. L.A. (feat. Samy Deluxe)
  7. Leid / 101
  8. Neuer Tag
  9. Das Beste
  10. Die Zeit (Der Alchimist)
  11. Landstreicher
Gesamtspielzeit: 41:39 min

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Armin

2015-08-25 21:49:21

Frisch rezensiert!

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