Ahab - The boats of the Glen Carrig

Napalm / Universal
VÖ: 28.08.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Im Auge des Sturms

Ahab bleiben auf Kurs. Das Heidelberger Doom-Quartett macht mit seinem vierten Longplayer "The boats of the Glen Carrig" genau da weiter, wo es 2012 mit "The giant" aufgehört hat. Der reinen Lehre des grollend dahinschleichenden Funeral-Doom den Rücken kehrend, wagen sich die Musiker nun endgültig in unentdeckte Gewässer. Konzeptionell folgen sie jedoch dem bewährten Prinzip: Wieder liefert eine literarische Vorlage den Grundstoff für die ausufernden Kompositionen und die bildgewaltigen Liedtexte. Diesmal dient ein 1907 erschienener Roman des englischen Autors William Hope Hodgson als Ausgangspunkt, wobei wohl nur absolute Experten "The boats of Glen Carrig" gelesen haben dürften. Das Buch, das klassische Seefahrtmotive mit Elementen des Horrors verquickt, ist ein psychedelischer Strudel, dem nur schwer zu entrinnen ist.

Womit auch exakt jene Attribute genannt wären, die Ahabs neues Werk kennzeichnen: Unnachgiebig und unbarmherzig greift die Musik mit gewaltiger Kraft nach dem Hörer. Wellengleich türmen sich Riffs, aus tiefsten Tiefen erklingt die voluminöse Stimme des Sängers Daniel Droste. Neben mächtigen Growls beherrscht jener allerdings auch die Kunst des cleanen Gesangs, was angesichts der elegischen Harmonien, die er über ruhigere Passagen zu legen vermag, eine absolute Wohltat ist. Fast schon sakral muten etwa die einleitenden, nur von einigen verhallten Gitarrenspuren begleiteten Eingangsverse an, bevor die Hölle losbricht. Menschen mit Aufmerksamkeitsdefiziten dürften mit den überlangen, übergroßen Kompositionen ihre liebe Mühe haben. Wer sich jedoch die Zeit nimmt, in Ahabs Klangkosmos einzutauchen, wird reichhaltig belohnt.

Vor allem, was die Tempi betrifft, wartet die Band diesmal mit einigen Überraschungen auf. Das gerade einmal sechs Minuten kurze "Red foam (The great storm)" ist beispielsweise fast schon beschwingt – wären da nicht die verzweifelten Schreie Drostes und die gewaltigen Gitarrenbreitseiten, die er und Mit-Gitarrist Christian Hector ihren Instrumenten entlocken. Ganz anders gebärdet sich dagegen das eine Viertelstunde währende "The weedmen": langsam, die Zeit verflüssigend, in Agonie erstarrend. Ein Monument, das von unerschütterlichem und künstlerischem Selbstbewusstsein zeugt und definitiv Spuren im Genre hinterlassen wird. Besonders die finalen Minuten, die Stück für Stück in völlige Düsternis abdriften, sind schlicht beeindruckend.

Puristen dürften ob solch exzessiver Ausflüge in melodische Gefilde zwar die Nase rümpfen, es wäre jedoch töricht, dem Mut zur Weiterentwicklung keine Achtung zu zollen. Auch das das Album beschließende "To mourn job" vereint in Moll getünchte, ruhige Passagen mit apokalyptischem Dröhnen. Gerade die hier und im bedrückenden "The thing that made search" durch die Oberfläche brechenden psychedelischen Klänge verleihen der Musik Erhabenheit und Eleganz. Eine Nummer kleiner wollen und können Ahab nicht. Um bei nautischen Bildern zu bleiben: Wären Ahab ein Schiff, dann müsste schon ein gewaltiger Eisberg in die Quere kommen, um den Kahn zum Kentern zu bringen.

(Christopher Sennfelder)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Red foam (The great storm)
  • The weedmen

Tracklist

  1. The isle
  2. The thing that made search
  3. Red foam (The great storm)
  4. The weedmen
  5. To mourn job
Gesamtspielzeit: 56:26 min

Im Forum kommentieren

Fieser Pottwal

2015-08-28 06:13:16

An "The Call Of The Wretched Sea", ihr erstes Album, kamen sie einfach nie wieder dran. Unerreicht, diese Atmosphäre. Auch da gabs bereits vereinzelt Cleangesang, der sich jedoch wie unheilvolle Seemannsgesänge anhörte. Das ist das Album von der Band, was unbedingt als erstes gehört werden muss.

Man gebe sich nur mal das Intro, als ob etwas Gewaltiges direkt vom Meeresgrund aufsteigen würde:

https://www.youtube.com/watch?v=OpGl7saUSig

Dagegen wirkt das aktuelle wirklich wie halbgarer Kinderkram.

doom-di-ddoom

2015-08-28 05:43:52

von der band reicht das debut album, dann kennt man alle.

trve metaller

2015-08-28 05:34:07

der cleangesang ist doch überwiegend zu kitschig aufgetragen.
aber schon klar, dass gerade die cleanvokals hier gut ankommen.

Lord of Doom

2015-08-27 22:11:23

PS: Bin ein ahnungsloser Poser.

Lord of Doom

2015-08-27 22:06:38

Kaufempfehlung für Fans von Neurosis, ISIS, Khanate, Sumac, old man gloom usw...

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify