The Black Dog - Neither / neither

Dust Science / Rough Trade
VÖ: 14.08.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Von wegen

Hier geht es nicht um angelsächsische Geistergeschichten, das gleichnamige Schlemmerlokal an der US-Ostküste oder einen Charakter aus Robert Louis Stevensons "Die Schatzinsel". Stattdessen stellen The Black Dog eine jener Techno-Institutionen dar, die den Sound of Detroit seit Beginn der 1990er Jahre für die britische Arbeiterklasse ins Tanzbare übersetzt haben. Kommerzielle Stolperfallen blieben dabei ausgeschlossen.

Das Trio verteilt eigene maschinelle Seitenhiebe, anstatt sich durch die zunehmende Guettaisierung der Clubmusik korrumpieren zu lassen. Schließlich geht es den drei Musikern aus Sheffield um das verstohlene Statement, das die Tanzbeine nebenbei zum Ärschetreten animieren soll, gerne auch mit dem eigenen als Ziel. So gesehen ist "Neither / neither" die Antithese zur Behauptung, dass der Mensch Herr seiner Gedanken und im Bilde über die Realität sei. Schließlich bilder der tatsächliche Informationskrieg der politischen Interessensgruppen mit seinen vielen Wirrungen und Intrigen das Leitmotiv dieses Albums. Womit "Radio scarecrow" von 2008 und "Further vexations" von 2009 endlich den dritten Mann zum Gesinnungsskat gefunden hätten. Musik also als Träger von Gegenideen, die zudem die Welt bedeuten. Kommt noch jemand mit? Von wegen.

Die zahllosen Gefahren und Verstrickungen, die das Medienzeitalter kennzeichnen, mögen ein adäquat bösartiges Klangspektrum vermuten lassen. The Black Dog sperren das miese Gegonge allerdings in den Serverschrank und polen ihre Schaltkreise auf Verständnis und Nächstenliebe. Den beiden technoideren Vorgängern "Liber dogma" von 2011 und "Tranklements" von 2013 setzt "Neither / neither" meist organische Sounds und harmonische Strukturen entgegen. Der subtile Teufel steckt eher im Detail oder in den Samples. Und da gehört der Lümmel auch hin.

Ob es wabernde Ambientwolken in "Non linear information life" sind, sich die pulsierende TripHop-Eleganz des Titelstücks langsam ins Bewusstsein gräbt oder die sparsamen Beats aus der TR 808 in "Control needs time" in Nebeln aus Hall und Rauch ertränkt werden: Selten war artifizielle Gesellschaftskritik so anheimelnd und Mut machend zugleich. Da dürfen selbst die kreuzbraven Streicher in "Them (Everyone is a liar but)" eine Träne ins Knopfmikrofon drücken. Vater Staat soll schließlich nicht alles mithören. Anklage wegen Landesverrats für die Wohlfühl-Atmosphäre in "The frequency ov thee truthers"? Von wegen. Die Verteidigung hat mit "Self organising sealed systems" und "Commodification" einen doppelköpfigen Orpheus aus der Unterwelt im Ärmel, der sämtliche Bedenken chemisch-brüderlich beiseite pumpt. Der Twist dieses Albums kommt zwar spät, aber umso wirkungsvoller und hallt im zackigen "MK ultrabrite" noch lange nach. Ziel erreicht, wertes Kollegium.

(Andreas Knöß)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Neither / neither
  • Them (Everyone is a liar but)
  • MK ultrabrite

Tracklist

  1. Non linear information life
  2. Phil 3 to 5 to 3
  3. Neither / neither
  4. Phil 0114
  5. Control needs time
  6. Them (Everyone is a liar but)
  7. Shut eye
  8. The frequency ov thee truthers
  9. B.O.O.K.S
  10. Self organising sealed systems
  11. Commodification
  12. Phil vs David
  13. Platform lvl 6
  14. Hollow stories, hollow head
  15. MK ultrabrite
Gesamtspielzeit: 56:03 min

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