Frank Turner - Positive songs for negative people

Vertigo / Universal
VÖ: 07.08.2015
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Schuster, bleib bei Deinen Leisten

The many faces of Frank Turner: Der nette Bub aus dem Süden Englands, mit dem dicken Grinsen im Gesicht und den volltätowierten Armen, der die bierselige Festivalgemeinde mit seinen launigen Weisen bespaßt – Punkt, aus, basta, finito? Keineswegs. Was hierzulande eher selten thematisiert wird, ist die Rolle, die der Ex-Punk im UK einnimmt und welche Wellen seine Äußerungen gesellschaftlich zu schlagen vermögen. Politisch einmal zu weit rechts positioniert – Turner ist Euroskeptiker und das nicht sonderlich kluge Zitat "Sozialismus ist behindert" stammt aus seinem Munde – schon flatterten beim Singer-Songwriter bis zu 100 Todesdrohungen pro Tag in den Briefkasten. Ein rechtes Weltbild ziemt sich eben so gar nicht für einen (selbsternannten) Punk. Noch ein Problem mehr also in Turners Leben, der nach seiner Trennung, verarbeitet im 2013er "Tape deck heart", nun auch noch um Leib und Leben fürchten musste.

Auf seiner neuesten Veröffentlichung "Positive songs for negative people" hält sich Turner, wie in seinen Songs üblich, politisch zurück und spielt wieder den Rockstar, der die großen Gefühle emporzuzaubern vermag, statt seine wirren Meinungen herauszuposaunen. Abermals begleitet von der seiner Band The Sleeping Souls, präsentiert sich die Platte als typisches Turner-Teil: Volles Programm von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Auf einen ruhigen Opener, das Ukulele-Stück "The angel Islington", folgt das zu erwartende Feuerwerk. "Get better" macht dem Albumtitel alle Ehre und schlägt in die gleiche Kerbe wie "Recovery" vom Vorgänger. Der Aufbau des Songs ist dabei so Turner-typisch wie die Singalong-Hook: Parole, Drums, Gitarre, "We could get better / Because we're not dead yet." Das Teil fetzt und riecht nach Becher-Bier und Dixie. Mit "The next storm" folgt die erste Auskopplung des Albums auf dem Fuße: Im Video zur Single mimt Turner den Boxer, sieht sich im Ring mit einem schier übermächtigen Gegner konfrontiert. Schließlich aber triumphiert der Barde, liegt mit einem Lächeln auf den Brettern. Die Message: Niemals aufgeben!

Bis auf "The opening act of spring", ein Folk-Song mit klassischem Aufbau, lässt sich "Positive songs for negative people" den Rock fortan kaum noch einmal austreiben. "Glorious you" beginnt mit AD/DC-Riff, schwingt dramaturgisch auf und ab. "Mittens" baut andersherum auf: Erst still, dann explosiv. "Out of breath" fordert zum Scheunentanz und "Demons" und "Josephine" zum Pogo. Mit "Love forty down" gelingt Turner noch ein hübsches Ding: Das Piano schmiegt sich ins Uptempo und Turners Schreie versanden schließlich keuchend im Äther. Mit den letzten beiden Stücken wird die Platte dann noch einmal bedächtiger: "Silent key" gesteht zunächst einer Damenstimme, dann einem Chor einen Part zu, "Song for Josh" handelt von knallharter "Bromance".

Anders als beim depressiv gefärbten "Tape deck heart" ist Frank Turner auf "Positive songs for negative people" wieder ganz der Alte, der Party-Punk mit der Stimme wie ein Fanal und der Hummelkolonie im Arsch. Rechtzeitig zur Vö ließ Turner zudem bei The Independent verlauten, nunmehr die Klappe zu halten, wenn es um seine politischen Ansichten geht. Er wäre lieber ein (mehr oder weniger) neutraler Bruce Springsteen als ein Aktivist im Sinne des oft mit Turner verglichenen Billy Bragg. Er wolle sich fortan wieder einzig mithilfe der Musik ausdrücken und keine Meinung, sondern ein Lebensgefühl vermitteln. Besser so, angesichts der, mit gesundem Menschenverstand betrachtet, recht unausgegorenen Worte – ab auf die Bühne. Singen, Frank!

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Get better
  • Love forty down

Tracklist

  1. The angel Islington
  2. Get better
  3. The next storm
  4. The opening act of spring
  5. Glorious you
  6. Mittens
  7. Out of breath
  8. Demons
  9. Josephine
  10. Love forty down
  11. Silent key
  12. Song for Josh
Gesamtspielzeit: 40:20 min

Im Forum kommentieren

Obrac

2015-08-14 10:46:23

Äh.. die "Sleep is for the weak" meinte ich eigentlich..

Okkulti

2015-08-14 10:46:13

Ist gerade Titelstory mit langem Interview im aktuellen OX:

http://www.ox-fanzine.de/web/ox-fanzine_121.1758.html

seno

2015-08-14 10:44:02

Die ersten drei Alben waren gut, vor allem "Love, Ire & Song" ist super. Danach gibt es noch vereinzelte gute Songs aber insgesamt ist das dann selbst mir, der nicht zwingend immer Abwechslung braucht, zu langweilig.

Obrac

2015-08-14 10:07:01

Gab es von ihm je was anderes?
Ja, die "Last minutes and lost everythings" war doch etwas anders.

Demon Cleaner

2015-08-14 09:52:21

relativ egale Mitgrölsongs

Gab es von ihm je was anderes?

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