The Telescopes - Hidden fields

Tapete / Indigo
VÖ: 07.08.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 10/10
10/10

Zwitscher Dir einen

Alle reden von Mark E. Smith – nur nicht Mark E. Smith. Der nörgelt höchstens oder aber schreibt ein Buch. Doch wer spricht eigentlich von Stephen Lawrie? Die Parallelen zwischen dem mancunischen Grantler und dem weniger bekannten Gitarristen aus Staffordshire sind nämlich unübersehbar: Die Briten fungieren in ihren respektiven Gruppen als Chefs vom Dienst und haben bereits zahlreiche Mitmusiker kommen und gehen sehen – wobei man Smith zugegebenermaßen eher als Fire- denn als Hire-Spezialist kennt. Außerdem musizieren beide seit geraumer Zeit (wieder) in regelmäßigen Abständen: Lawries Band The Telescopes, die es in den Achtzigern nicht zu höheren Dream-Pop-Weihen schaffte, reformierte sich immerhin im Jahre 2002 und ist seitdem durchgängig aktiv.

Neuerdings bei Tapete Records, die stets rührend darum bemüht sind, verdiente Indie-Koryphäen von der Insel nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Das war so bei Lloyd Cole, bei The Monochrome Set – und nun auch bei The Telescopes. Nett vom Hamburger Label. Im Gegenzug schlau von The Telescopes: Die Band, die neben Lawrie aktuell aus Musikern der Glasgower Fuzz-Rocker St Deluxe besteht, stirbt sich auf ihrem achten Studioalbum nicht selbst aus. Die Gitarren sind aufgedreht, aber nicht überdreht, und The Telescopes wissen am besten, dass weniger mehr ist. Fünf Songs, davon der letzte mit monströser Überlänge von 15 Minuten, müssen reichen – und tun das auch. Kenner lehnen sich schon bequem zurück: Um Feedback muss hier niemand lange bitten.

Dafür ist auf "Hidden fields" von Anfang an gesorgt: Sobald die Riffs von "You know the way" zum ersten Mal schwerfällig aufstöhnen, sind hier versonnene Shoegazer und hartgesottene Noise-Liebhaber gleichermaßen zu Hause, fassen sich an den wunden Händen und beginnen sich im schleifenden Groove des zwar gemächlich, aber auch gewaltig vorwärts stampfenden Openers zu wiegen. Der Titel ist dabei genauso Prophezeiung wie Selbstdiagnose: Lawrie und Kollegen erweisen sich erneut als Meister darin, die verflüssigten Lärmwände wie kochende Lava vor sich herzuwälzen, streuen hier einen kreischenden Break und dort ein nöliges gesangliches Aufbegehren ein und schicken das Stück dann in ein verhalltes Nirwana, wo ihm weder Produktion noch innere Einkehr mehr helfen können.

Natürlich erst, nachdem die Gitarren so effektiv zersplittert sind, als habe ein kleines Vögelchen große stimmliche Probleme. Auch dieses Album zwitschert oft auf dem letzten Loch – ob nun "Absence" hochkonzentriert an rostigen Bass-Saiten und gehetztem Uptempo operiert oder "In every sense" langsam in sich zusammenstürzt wie ein riesiges Luftschloss in einer Überdruckkammer. Klingt und liest sich im Grunde genauso toll, wie es ist – was aber nichts am Altbekannten dieses Sounds ändert, bei dem es nicht von ungefähr kommt, dass gleich mehrere Songtitel denjenigen von My Bloody Valentines "M B V" sehr ähneln. Nach einer Viertelstunde "The living things" ist das weiße Rauschen perfekt – und der Hörer fürs erste satt. Trotzdem bleibt "Hidden fields" eine hervorragende Gelegenheit, auch mal über etwas anderes zu reden als über Mark E. Smith.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • You know the way
  • In every sense

Tracklist

  1. You know the way
  2. Absence
  3. In every sense
  4. Don't bring me round
  5. The living things
Gesamtspielzeit: 35:06 min

Im Forum kommentieren

the pusher

2017-07-19 18:46:11

push!

wilson (ausgeloggt)

2017-07-16 20:45:32

user-wertung 10/10 und hier herrscht das schweigen im walde, merkwürdig! hat wahrscheinlich nur einer abgestimmt.

wilson (ausgeloggt)

2017-07-16 19:05:35

kennt sich hier jemand mit den telescopes aus? was ist der essentielle stoff? die discographie ist ziemlich unübersichtlich. viele ep's, viele compilations, viele singles... wäre cool wenn mir jemand weiterhelfen kann.

Armin

2015-07-27 22:03:02

Frisch rezensiert! Meinungen?

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