Soundtrack - Nina revisited ... A tribute to Nina Simone
RCA / SonyVÖ: 10.07.2015
Kollektive Verneigung
Kürzlich feierte "What happened, Miss Simone?" bei Netflix Premiere – eine Dokumentation über die famose Nina Simone, die wie keine andere Sängerin die Grenzen zwischen Jazz, Soul, Folk, Pop, Gospel und Blues verwischte und die seit ihrem Tod vor zwölf Jahren eine schmerzlich klaffende Lücke in der Musiklandschaft hinterlassen hat. Der Film, zusammengesetzt aus ungesehenem Archivmaterial, zeigt Simone als passionierte Songwriterin und Pianistin, als kraftvolle Bürgerrechtlerin und sensiblen Charakter. Mit ebenso großer Spannung wie der Film wurde auch der Soundtrack erwartet. Denn auf ihm interpretieren namhafte Stars ihre liebsten Simone-Songs neu – darunter viele, um die es zuletzt etwas ruhig geworden war.
Allen voran Lauryn-Hill-Fans kommen auf ihre Kosten. Denn die Ex-Fugees-Frontfrau steuert gleich sechs Tracks bei. Simone sei eine der größten Inspirationen für sie, hat Hill zuletzt immer wieder betont. Diese Verehrung hört man auf den Stücken dieser Platte überdeutlich. Das als Vorab-Single ausgekoppelte "Feeling good" ist der perfekte Album-Teaser. Über zeitgemäßem Daptone-Sound, schmissige Bläser und gefühlvolle Streicher thront Hills raue Stimme, die einen noch immer durch einsame Nächte retten kann. Noch stärker ist ihr "I've got life", das dank eines ausgedehnten Sprechgesang-Teils in der Mitte die Siebeneinhalb-Minuten-Marke deutlich übersteigt, ohne jedoch auch nur eine Sekunde zu langweilen. Hill behandelt das Original mit maximalem Respekt, überträgt Sound und Botschaft aber behutsam ins Hier und Heute. Keine andere Sängerin ihrer Generation könnte besser geeignet sein für diesen Job. Das zeigt sich auch an ihren anderen Beiträgen, von denen vor allem das zerbrechliche "Ne me quitte pas" Erwähnung verdient. Hill zeichnet zudem gemeinsam mit Robert Glasper für die Produktion des Albums verantwortlich.
Auch viele der anderen Künstler legen sich ordentlich ins Zeug. Gregory Porter verpasst dem "Sinnerman" eine ordentliche Funk-Abreibung. Jazmine Sullivan verwandelt den Soft-Funk von "Baltimore" in einen geschmeidigen Reggae. Und schließlich ist da noch Lisa Simone, die ihrer Mutter in "I want a little sugar in my bowl" würdevoll die Ehre erweist. Wie man dagegen an der Vorlage grandios scheitern kann, zeigt Usher, der das beschwingte "My baby just cares for me" schamlos in Autoscooter-Pop umwandelt. Auch von "Don't let me be misunderstood" gibt es deutlich bessere Versionen als die von Mary J. Blige. Doch viel zu meckern gibt es ansonsten nicht. Die meisten Beiträge bewegen sich auf hohem Niveau. Das Beste aber kommt zum Schluss: "I wish I knew how it would feel to be free" ist eine Original-Aufnahme der Gewürdigten selbst – erstmals 1967 erschienen. Angeblich hatte Simone Schuhgröße 36. Doch ganz egal, wie die Soul-Elite von heute sich recken und strecken mag – die Fußstapfen von Nina Simone füllen sie nicht. Eine schöne Verneigung ist diese Platte aber allemal geworden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I've got life (Ms. Lauryn Hill)
- Sinnerman (Gregory Porter)
- I wish I knew how it would feel to be free (Nina Simone)
Tracklist
- My mama could sing (Lisa Simone)
- Feeling good (Ms. Laryn Hill)
- I've got life (Ms. Lauryn Hill)
- Ne me quitte pas (Ms. Lauryn Hill)
- Baltimore (Jazmine Sullivan)
- Love me or leave me (Grace)
- May baby just cares for me (Usher)
- Don't let me be misunderstood (Mary J. Blige)
- Sinnerman (Gregory Porter)
- YG&B (Common & Lalah Hathaway)
- I put a spell on you (Alice Smith)
- I want a little sugar in my bowl (Lisa Simone)
- Black is the color of my true love's hair (Ms. Lauryn Hill)
- Wild is the wind (Ms. Lauryn Hill)
- African mailman (Ms. Lauryn Hill)
- I wish I knew how it would feel to be free (Nina Simone)