The Delgados - Hate
Mantra / Beggars / ConnectedVÖ: 14.10.2002
Flauschige Haßtiraden
"Sport und Musik", nicht nur der samstägliche Sportsender WDR2 weiß diese beiden scheinbar nicht zusammenpassenden Freizeitkonstanten in seinem Bundesligaprogramm zu vereinen. Auch die Delgados aus Schottland machten sich die grandiosen Symbiose aus harten Männersport und zarten musikalischen Klängen bei ihrer Namensfindung zu Nutze. Sie bedienten sich beim spanischen Radprofi Pedro Delgado, der Ende der Achtziger bei der Tour de France allerdings eher durch leistungssteigernde Mittelchen als durch ehrliche Erfolge auf sich aufmerksam machte.
Die Delgados machen es besser, servieren sie doch den Nachfolger zu "The great Eastern" mit einer satten Portion Orchestrierung und viel Gefühl für die Melodie. Die Konstante Kontrast zieht sich durch das ganze Album, selbst das Cover befreit nicht von der Gegensätzlichkeit. Man findet dort einerseits ein Kind in den schützenden Armen eines Älteren undandererseits den schlichten Titel "Hate". Dabei will dieser Name nicht so recht zum feinen Sound des Albums passen, läßt er doch eher mittelschwere Heavy-Kapellen oder körpergeschmückte Nu-Metal-Nasen vermuten. Weit gefehlt: Auf "Hate" servieren die Delgados eine mitunter brilliante Mischung aus den orchestralen Momenten der Tindersticks und Walkabouts und der Melodik des Inselpop.
Gleich zu Anfang erinnert das Quartett an die seligen Catatonia. Besonders das Stimmchen von Emma Pollock weckt dabei den Beschützerinstinkt im Manne. Und wieder führt uns dies in die Irre: "Hate is everywhere / Look inside your heart / And you will find it there" heißt es iim zweiten Stück. Von wegen "All you need is love", denn Zynismus rules im Kosmos der Schottenrocker. Zehn Titel lang wird auf konsequent hohem Niveau musiziert. "Coming in from the cold" schleicht gemütlich dahin und endet schlicht, scheinbar schwebend leitet der Song über zu "Child killers" über. So ist der Abgrund niemals weit.
Prägnant ist auf "Hate" einmal mehr der Wechsel zwischen männlicher und weibliche Stimme. Der alternierende Gesang verschafft den folkig angehauchten Songs ein besonderes Flair. Textlich dunkel gehalten lassen die süßen Melodien eher Unbeschwertheit vermuten, haben aber so manche Untiefe. Herrn Degaldo allerdings wird dies wahrscheinlich nur wenig interessieren. Vermutlich weiß er nicht einmal um die Namensparallelität zum feinen schottischen Quartett. So sind den Glasgowern im Gegensatz zu diesem spanischen Radfahrer, dessen karriere nach zehn Jahren unrühmlich endete, hoffentlich noch ein paar Jahre mehr an ihren Instrumenten vergönnt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The light before we land
- All you need is hate
- Coming in from the cold
- If this is a plan
Tracklist
- The light before we land
- All you need is hate
- Woke from dreaming
- The drowning years
- Coming in from the cold
- Child killers
- Favours
- All rise
- Never look at the sun
- If this is a plan
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Ninetiesman
2022-02-07 18:13:37
Hör mir das Album grad nach vielen Jahren wieder mal an. Ist schon geil wenn beim ersten Song nach 20 Sekunden dieses wuchtige Schlagzeug einsetzt. Unverkennbare Dave Fridmann Produktion, die so viele gute Alben erst grossartig macht.
Die zum Beispiel:
Flaming Lips - The Soft Bulletin
Mercury Rev - Deserter's Songs
Mogwai - Come on die Young
Wheat - Hope and Adams
Sleater Kinney - The Woods
Sparklehorse - It's a Wondefull Life
MGMT - Little Dark Age
Low - The great Destroyer
Delgados - Hate und The great Eastern
Mein Delgados-Lieblingssong ist "No Danger" vom Great Eastern Album. Erinnert mich heute zwar an Zeiten wo es mir nicht gut ging, ist aber trotzdem in Klassiker.
Leider hatte die Band wie hier schon erwähnt kaum Erfolg, was eine absolute Schande ist. :-)
Ihre besten Alben kommen an das Material jeder der oben genannten Bands locker heran.
The Triumph of Our Tired Eyes
2010-08-03 15:41:07
Ist zwar reichlich spät, aber Flaming Lips orchestral? Das wäre mir neu. Eher spacig. Mein Gott welch blödes Wort.
Die hier ist immer noch regelmässig in meiner Anlage zu finden. All You Need Is Hate ist ja wohl sowas wie die Hymne der Generation X. Wenn man All You Need Is Love als Hymne der Blumenkinder betrachtet. Mit If This Is A Plan zudem noch ein sehr wichtiges Stück Musik mit drauf. Euphorie die Leben retten kann.
Soup Dragon
2008-01-09 14:03:01
Naja, da gab's dann ja auch noch die Flaming Lips, Neutral Milk Hotel, ... deren Einfluss würde ich dann doch etwas höher einschätzen. Trotzdem: tolles Album.
The Triumph of Our Tired Eyes
2008-01-09 13:39:41
Meiner Meinung eindeutig ihre Beste. Hatten leider nie Erfolg, aber Bands wie Arcade Fire zeigen dass sie doch noch nicht vergessen sind.
Würde mal sagen diese Band war der Vorläufer für die ganzen orchestralen Indiebands wie Arcade Fire oder Okkervil River.
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