Years & Years - Communion
Polydor / UniversalVÖ: 10.07.2015
Der König tanzt
Jüngst nahm ein Chef, nennen wir ihn Armin L., in der bayerischen Hauptstadt am "Color Run" teil. Angetreten mit einem kleidenden Schweißband um den Kopf, aber der Sportlichkeit eines Sack Zements, rettete er sich nach diversen Rauchpausen und Farbbeutelduschen mit einem beherzten Bahnschrankenfall über die Ziellinie und landete unmittelbar vor den Besen des Reinigungstrupps. Sein Gesicht sichtlich gezeichnet, das Abbild eines Federmäppchens voller explodierter Buntstifte. Als habe er Slimer eine Kopfnuss verpasst, sich in Senf gewälzt und am Schminkkoffer eines Einhorns vergangen. Wie kommen wir jetzt zu Years & Years? Nun, wenn man einmal mit der verschwitzten Hand über das Cover von "Communion" wischen würde, sähe es so aus wie das Konterfei des Chefs nach fünf Kilometern Sonntagshechelei.
So aber könnt Ihr ohne Geschmiere zählen, wie oft der Buchstabe "Y" im Design der Debütplatte des britischen Trios enthalten ist. Antworten bitte nicht an die Band. Die ist gerade damit beschäftigt, ihren Status zu untermauern. Der lautet: Krösus der "Sound of 2015"-Liste der BBC. Die Begeisterung fußt mutmaßlich auf den Anfängen beim französischen Kult-Label Kitsuné und der Fähigkeit der Band, Popsongs zu schreiben, die wiederum in "King" gipfelt. Das synthiefizierte Stück bietet sich beinahe als Ibiza-Begleitung an, öffnet reihenweise Cabrios und sorgt getarnt als fröhlich verpackte Beziehungs-K.O.-Tropfen für stete Unruhe im Zehenbereich. Völlig zurecht die verdientere Nummer eins im United Kingdom, verglichen mit der kanonisch agierenden kleinen "King"-Schwester "Shine". Das Problem: Ein Album, das in erster Linie Pop sein will, ist dann in mancher Hinsicht auch "nur" Pop. Die mäßige Ballade "Eyes shut" täuscht hier zwar ein Bruce-Hornsby-Klavier an, könnte sonst aber auch von Olly Murs kommen, und den Skip-Kandidat "Border" hätte auch ein Credit-Akteur Maroon 5 in die Hand drücken können.
Years & Years sind von solchen Niederungen normalerweise weit entfernt und in ihrem souligen Elektro-Pop auch deutlich breiter aufgestellt. So teilt sich "Foundation" einen pulsierenden Background mit Sohn, "Desire" durchbohrt 90s-House-Bretter und in "Worship" schwingt sich empor in den aus jenem Jahrzehnt emanzipierten Neo-R'n'B. Die Diplo'esquen Beats auf "Communion" schmücken das feine "Take shelter" und lassen die Ballade "Without" erlahmen. Was einmal mehr untermauert, dass die zweifelsfrei vorhandenen Songwriter-Kompetenzen von Olly Alexander, Michael Goldsworthy und Emre Turkman bis dato nicht in der Ausformulierung getragener Stücke liegt. Zwar klammern wir "Memo" gerne in der Aufzählung aus, memorabel aber bleiben Songs wie "Ties", nach denen sich auch The Weeknd die Finger lecken würde. Mahlzeit.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Real
- Take shelter
- Ties
- King
Tracklist
- Foundation
- Real
- Shine
- Take shelter
- Worship
- Eyes shut
- Ties
- King
- Desire
- Gold
- Without
- Border
- Memo
Im Forum kommentieren
captain kidd
2015-07-17 19:15:02
das unterschreibe ich.
Demon Cleaner
2015-07-16 09:41:36
Ich finde das Album aufs erste Hören mäßig. Nicht toll, aber auch nicht furchtbar.
musie
2015-07-16 09:39:39
mir gefällt das Album auch nicht, zu synthetisch, zu leblos... die zweidrei radio-hits sind aber schon ok.
eric
2015-07-16 09:33:26
"Abgehört" ist halt SPON. Mit extremen Lobhudeleien und harten Verrissen hält man die Leser eher am Text / bei der Diskussion. Ich finde Years & Years auch sehr flach, wobei "King" irgendwas hat.
Demon Cleaner
2015-07-16 08:49:49
Borcholte kennt wirklich fast nur noch das Spektrum 0-2 und 8-10 oder?
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