Hugo Race & The True Spirit - The spirit

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 29.05.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Wüste Gedanken

Viele Fans des FC Schalke 04 möchten den Großteil ihrer Spieler und Verantwortlichen nach dieser sportlich fragwürdigen Bundesliga-Saison am liebsten sofort in die Wüste schicken. Jenen lebensfeindlichen und unerbittlichen Ort, den sich Hugo Race einst als wesentliche Inspirationsquelle für seine Musik ausgesucht hat. Und an den er nun gedanklich im Schoße seiner Hausband The True Spirit nach sieben Jahren Windstille zurückkehrt. Eine Entscheidung, die sich lohnt.

In den vergangenen Jahren hat sich der Australier hinreichend mit befreundeten Musikern und an verschiedenen Stilrichtungen ausprobiert. Vornehmlich waren und sind dies neben seinen Alleingängen auch das Fatalists-Projekt unter Beteiligung der italienischen Instrumental-Schlemmer von Sacri Cuori und vor allem die von Kollege Hinrichs damals so trefflich als "Zweck-WG der Herzen" bezeichneten Dirtmusic. Vier Alben lang wühlt Race mit seinem Kollegen Chris Eckman von The Walkabouts inzwischen im unteren Wurzelbereich uramerikanischer Rock-Musik herum. Allerdings ohne sich seinen Sinn für gereiften Wohlklang dabei schmutzig zu machen. Mehr noch: Gerade der Einfluss Eckmans scheint ein ganz wichtiger geworden zu sein. "The spirit" strotzt folglich vor schwelgerischen Folk- und Blues-Momenten. Die anwesende Elektrotechnik hält sich dabei andächtig im Hintergrund. Alles Insignien, die schon Madrugada aus Norwegen und nicht zuletzt Race' ersten Brötchengeber Nick Cave & The Bad Seeds berühmt gemacht haben. Womit sich der Kreis selbst für die wehmütigsten aller Wüstenfüchse schließen dürfte.

So sinniert Race von der ersten düsteren Legende "Man check your woman" an mit heiserem Flüsterton über die Fallstricke der Liebe, bis der Tod sie am Ende im halluzinierenden "Higher power" mit wenigen Gitarrenhieben in Fetzen schneidet. Die Echos des sich verbissen voranwühlenden "Elevate my love" versanden mitsamt ihres ausgedörrten Schlagzeugs hernach in der Trostlosigkeit von "The information". Dessen Schatten aus rastlosen Piano-Schleifen und geduldig kreisendem Oszillator greifen wiederum vergebens nach der noblen Blässe von "Sleepwalker": eine dumpf wummernde Barkarole vom Beischlaf, die schon fast eine Oase der Lebenslust in dieser nachtgrauen Gesellschaft aus abgenagten Songs und versiegenden Emotionen darstellt. Aber nur fast. Denn die grummelnden Tief-Ausläufer von "Bring me wine" bis "Wildcards" lauern bereits hinter den sich rasch zuziehenden Gebirgsspitzen.

Anhänger musikalischer Grenzgänge werden ihre furztrockene Freude an diesem Werk haben, für das sich Hugo Race & The True Spirit geschlagene drei Jahre Zeit genommen haben. Und sie müssen sich keinerlei Gedanken darüber machen, den Maestro oder seine Mitstreiter anschließend in die Pampa zu schicken. Denn das hier ist Musik, bei der sich nicht nur manchem Wüstenbewohner Herz und Himmel öffnen werden. Ganz bestimmt.

(Andreas Knöß)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sleepwalker
  • Bring me wine

Tracklist

  1. Man check your woman
  2. Elevate my love
  3. The information
  4. Sleepwalker
  5. Heaven or die
  6. Bring me wine
  7. Dollar quarter
  8. Heartbreak 69
  9. Wildcards
  10. Higher power
Gesamtspielzeit: 41:48 min

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Herr

2015-06-27 19:08:55

Während Meister Nick Cave seinen besonnen reduzierten Wohlklang in hellere Gefilde hebt, bleibt Hugo Race in Reichweite der Beasts of Bourbon und mixt eine Prise Leohard Cohen ins düstere Gewand wunderschöner Songs.

Ganz super!

Jennifer

2015-06-24 22:30:58

Frisch rezensiert. Meinungen?

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