Best Coast - California nights
Capitol / UniversalVÖ: 01.05.2015
Heiß mit Stil
Surf-Rock. Beach-Pop. Musik für Strandtage, von der Sonne geküsst, von der Schwüle eines Sommerabends durchzogen, irgendwie euphorisch, dennoch melancholisch. Musik, die zwar Aufbruchstimmung verbreitet, thematisch aber doch irgendwie immer darum kreist, einen Ort zu finden, den man zur Heimat machen kann. Künstler, die diese Musik machen, schien es in den letzten Jahren wie Sand am Meer (pun intended) zu geben – das kalifornische Duo Best Coast gehört nicht nur dazu, sondern schien den Sound mit ihrem 2010er Debütalbum "Crazy for you" mitzuprägen. Dabei sind Bethany Cosentino und Bobb Bruno gar nicht unbedingt die typische Surf-Rock-Beach-Pop-Band.
Nein, Best Coast waren immer irgendwie anders. Mehr Mainstream als wirklich Indie. Ihre Haut glänzte von der Sonnencreme, nicht vom Schweiß wie bei anderen Bands, der Sound war nie wirklich dreckig, sondern geradezu clean. Der Sand, der sich bei Cosentino und Bruno unter den Füßen durchquetscht beim Strandspaziergang, war immer etwas feiner, die Fußnägel sauber geschnitten und gefeilt, wahlweise mit einem zartrosafarbenen Nagellack überzogen. Das macht alles gar nichts, im Gegenteil. Die glasklaren Hymnen, die sie zunächst auf ihrem Erstling, dann zwei Jahre später auf "The only place" schufen, funktionierten ebenfalls bestens und wussten sowohl im lauen Sommerurlaub als auch während eines kuschligen Winter-Schläfchens zu gefallen. Ihr drittes Album "California nights" reiht sich nahtlos in diese Erfolgskurve ein, ist aber auch gleichzeitig ein Album, das sich erst nach Einbruch der Dunkelheit wirklich zu entfalten scheint.
Der Titeltrack ist dafür womöglich das beste Beispiel. Als erste Single bereits im Februar 2015 veröffentlicht, schafft das gute Stück bereits in den ersten eineinhalb Minuten eine spannende Atmosphäre. Cosentinos Gesang klingt, als würde er sich wie eine Panorama-Aufnahme ausbreiten, die verzerrte Gitarre sorgt im Hintergrund für kontrastreiche Momente, mit der Zeile "I stay high all the time just to get by" wird hier keine Gute-Nacht-Geschichte eingeläutet, sondern höchstens der nächste Mitternachtsausflug vorbereitet. "Fading fast" ist der typische sehnsuchtsvolle Rocker, für die Best Coast mittlerweile schon berüchtigt sind – dass sie den Herzschmerz vergangener Liebschaften bestens vertonen können, bewiesen nicht nur die beiden Vorgänger, sondern hier etwa auch die Zeilen "This love will be the death of me / And you'll always be a part of me." Hach.
Musik ist bei Best Coast eben Gefühlssache, die Texte kreisen fast ausschließlich um zwischenmenschliche Beziehungen mitsamt deren Aufs und Abs, Anfänge und Enden. Dem Opener "Feeling ok" etwa hört man die Selbstzweifel an, dem 60's-Jangle-Pop von "When will I change", das an die frühen EPs erinnert, hingegen die Gratwanderung zwischen teenie-typischer Trotzigkeit und erwachsener Existenzkrise. Das rasante "Heaven sent" versucht die Versprechungen und einhergehenden Enttäuschungen vom Vortag hinter sich zu lassen und stürzt sich ins knallbunte Nachtleben, die abschließende Ballade "Wasted time" genehmigt sich kurz vor Sonnenaufgang eine kurze Verschnaufpause, irgendwo auf dem Boden vor einer Autobahnraststätte, mit den Erinnerungen der letzten Stunden noch so klar vor Augen, als würden sie in Echtzeit passieren. Doch es ist vor allem das treffenderweise "Sleep won't ever come" betitelte vorletzte Stück, das die Nacht wirklich beendet: "Can't you tell by the look of my face / That I feel like I'm floating through space" – Best Coast sind eben vielmehr Reisende, als dass sie echte Strandspaziergänger wären. Und wenn, wie man sagt, der Weg ohnehin das eigentliche Ziel ist, bleibt nur zu hoffen, dass die kurvenreiche Nachtfahrt mit diesen beiden nicht so schnell enden wird.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Feeling ok
- When will I change
- California nights
- Sleep won't ever come
Tracklist
- Feeling ok
- Fine without you
- Heaven sent
- In my eyes
- So unaware
- When will I change
- Jealousy
- California nights
- Fading fast
- Run through my head
- Sleep won't ever come
- Wasted time
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boneless
2015-05-17 12:16:02
die platte lief bei mir seit der vö rauf und runter (vorzugsweise unterwegs). der neue, "fette" sound gefällt mir bestens und beth's stimme kam wohl noch nie so stark zur geltung wie auf dieser platte. einzig in sachen abwechslung muss man was abziehen, da war the only place irgendwie variantenreicher (im best coast universium versteht sich). 3 songs weniger hätten dem album zudem nicht geschadet. trotzdem: an feeling ok, so unaware, heaven sent, in my eyes, jealousy und dem titeltrack kann ich mich gerade nicht satt hören...
Jennifer
2015-05-17 11:57:03
Stimmt. Gefällt mir auch etwas besser als "The only place". Das mochte ich zwar, aber es kam nicht wirklich an das Debüt heran.
Lieblingssong bleibt dennoch der Bonus Track "When I'm with you" von "Crazy for you". Aber das neue Album kann schon was.
Hm
2015-05-17 11:34:47
Interessiert das hier niemanden mehr? Ist doch wirklich gut geworden.
Gordon Fraser
2015-04-25 08:55:19
Was war denn an Album Nr. 2 anders oder gar schlechter im Vergleich zum Debüt? Den einzigen Vorwurf den man Cosentino da machen kann ist doch eher dass sie das gleiche Album noch einmal aufgenommen hat. Das aber mit "Why I Cry" immerhin meinen liebsten Best Coast-Song enthält.
Leatherface
2015-04-24 16:00:44
Alle drei bislang veröffentlichten Tracks (Titletrack, Heaven Sent, Feeling Ok) gehören zum Besten, was die Band bislang gemacht hat. Ich bin also zuversichtlich, dass das Album nicht nur die letzte Platte vergessen macht, sondern auch eine Steigerung gegenüber der ziemlich ordentlichen Fade Away-EP ist.
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