Joco - Horizon

Columbia / Sony
VÖ: 05.06.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Oben Ono

Zugegeben, der Name "Hamburger Popkurs" klingt 2015 in etwa so sexy wie "Textverarbeitung mit Word" bei der Volkshochschule Deines Vertrauens. Mit Peter Fox, Gisbert zu Knyphausen oder auch Boy sind die Absolventen allerdings nicht die schlechtesten und unbekanntesten. Die beiden in Ostfriesland aufgewachsenen Geschwister Josepha und Cosima Carl alias Joco reihen sich nun in die über 30-jährige Geschichte des Ausbildungsgangs ein und dürften schon bald in Sachen Popularität zu genannten Künstlern aufschließen. Dafür gibt es mehrere Gründe – der wohl wichtigste: "Horizon" ist anzuhören, dass sich die 24 und 28 Jahre jungen Frauen nicht erst seit Montag vor einer Woche mit Musik beschäftigen.

Die Stimmen der beiden Schwestern hatten zwischen Spielplatz, Schule und Studium lange genug Zeit sich kennenzulernen und sind seither offensichtlich gut aufeinander abgestimmt. Dem teils kanonischen Start von "Why didn't I see" folgt die zweistimmige Gesangslinie in "We draw a line" und mit "Over the horizon" ein feines, überwiegend A-capella-vorgetragenes Stück. Damit gehen Joco einen Schritt weiter Richtung Purismus, als es etwa bei Lily & Madeleine oder auch Lucius der Fall ist. Und wenn man dann noch Tracks wie das an der Akustikgitarre begleitete "Bleeding" hört, hat man ohnehin das Gefühl, einem kleinen Privatkonzert beizuwohnen. Was so falsch gar nicht ist. Lediglich zwei Tage hatten Josepha und Cosima Zeit, "Horizon" in den berüchtigten Abbey-Road-Studios an der Seite von Produzent Steve Orchard (Coldplay, U2, Peter Gabriel) einzuspielen. Das habe sich für sie wie ein zweitägiges Konzert angefühlt, gaben Joco in einem Interview zu Wort. Denn in der Vorbereitung für die Aufnahmen erprobten sie die Stücke monatelang und konnten diese dann in der Kürze der Zeit nur so aus sich raussprudeln lassen.

Die Songs sind abseits der Vokal-Performance grob im Indie-Folk-Pop zu verorten. Grob, weil die Instrumentierung auch andere Gedankenspiele zulässt. Für "Isolation of the moment" setzt das Duo auf E-Piano und Drumkit, weshalb die Nummer dezent ins elektronische Randgebiet driftet. "We clash" übt sich in wechselnder Rhythmik und für "Winter" tauschen Joco Englisch mit ihrer Muttersprache, was, obwohl sie genug "genuch" aussprechen, niemals peinlich gerät. "Mind affair" und "Two steering wheels" dagegen erinnern an Fingerübungen für Jazz-Pianos und gerade wenn Cosimas Piano wie in "Mr. Mountain" und noch eher "We draw a line" in den Vordergrund rückt, kommen auch mal Singer-Songwriterinnen wie Tori Amos oder Vienna Teng ins Gedächtnis. Man muss schon ein genaues Ohr riskieren, um nicht durch den einträchtigen Gesang in einen Sog der Gefälligkeit zu geraten. In manchen Momenten wären mehr Reibung oder Widerhaken wünschenswert, aber wer wären wir, wollten wir Zwietracht sähen?

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Why didn't I see
  • Over the horizon
  • We clash
  • Two steering wheels

Tracklist

  1. Why didn't I see
  2. We draw a line
  3. Over the horizon
  4. Bleeding
  5. Pilot
  6. Cloud
  7. Sailors
  8. Mind affair
  9. Isolation of the moment
  10. Mr. Mountain
  11. We clash
  12. Two steering wheels
  13. Winter
Gesamtspielzeit: 47:54 min

Im Forum kommentieren

Mr Oh so

2016-02-25 23:18:44

Hab sie live gesehen und sehr positiv überrascht worden. Werds mir mal anhören.

Berni

2016-02-25 23:02:28

Soeben entdeckt durch den ESC-Vorentscheid-Beitrag. Klingt auf jeden Fall interessant.

Earl Grey

2015-06-11 20:22:55

Am 5. Juni erschienen. Mir gefällt es sehr gut, atmosphärisch, melodiös und ein tolles Klavier.

Anspieltipp wäre wohl -Why Didn't I See-

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