
Hop Along - Painted shut
Saddle Creek / CargoVÖ: 08.05.2015
Überlebensgroß
Mensch, was krächzt sich die Alte da einen ab! Frances Quinlan, Frontfrau von Hop Along, hat einer dieser Stimmen, die fast keiner mag. Außer die Guten. Glasklares Timbre geht doch allzu oft einher mit allzu glattgebügeltem Abfuck. Nein, der Dieter, der würde den Recall verweigern. Aber der Dieter, der hat, mit Verlaub, auch keinen Geschmack. Begeistert vom Hop-Along-Zweitling "Get disowned" von 2013 sah sich der Rezensent in der Vergangenheit auf einer Mission: Hop Along abfeiern, Quinlans Stimme verteidigen. Denn: Die gute Frau hat eine Leidenschaft im Gesang, wie sie nur selten einmal das Ohr entert. Auch wenn zwischendurch der übermäßige Kippenkonsum beim Kreischen den Hals ganz kratzig macht, auch wenn Quinlan gerne mal abrutscht – das aber eben genau dann, wenn es im Song auch ums Abrutschen geht. Sie lebt, was sie singt.
Auf "Painted shut", dem dritten Werk der Freak-Folker aus Philadelphia, lässt sich Quinlan wieder ordentlich gehen – und so muss das hier eben sein! So ist man auch beim neuerlichen Output des Quartetts immer wieder aufs Neue beeindruckt von Umfang und Intensität von Quinlans Stimme. Das Album leitet ein, als wäre man bereits mittendrin. "The knock" verzichtet auf einen langsamen Aufbau und steigt direkt mit Breakbeat und keifender Protagonistin ein. "Buddy in the parade" folgt mit seinen Tempi- und Stimmungswechseln auf dem Fuße, E-Gitarre und Leadgesang steigern sich gegenseitig ins Unermessliche und am Ende ist die Explosion nur noch Formsache: Schließlich schreit sich Quinlan alles, aber auch jedes klitzekleine bisschen Krampf von der Seele.
Das wunderbare "Horseshoe crabs" ist dabei noch voller an Erlebniselementen, driftet vom Lo-Fi in den Power-Pop, wobei Hop Along doch jederzeit ihre Folk-Wurzeln hochhalten. "Against your wishes I went into the woods alone", erklärt die Sängerin ihrer Mutter. Und die dabei gesammelten Erfahrungen reichen von einer gebrochenen Nase bis hin zum totalen Niederschlag. Aber genau dann, wenn es tragisch zu Ende gehen sollte, peitscht sich Quinlan wieder selbst nach vorne und nimmt die Band mit auf den Höhenflug. Es ist das magische Element der Selbsterkenntnis, das so drastisch in Hop-Along-Songs gewahr wird: Vom Freimut in den Fatalismus und wieder zurück. Extremsport in musikalisch sozusagen.
Mit dem country-beträufelten "Sister cities" nimmt "Painted shut" schließlich ein viel zu frühes Ende. Wie sich die lässigen Slide-Gitarren in ein infernales Getöse zerren lassen, die Trommeln aus dem Album stolpern und Quinlan ein weiteres Mal ganz ansatz- und verständnislos vor dem Leben steht, macht nicht nur Spaß, sondern bringt einen beinahe zu intensiven Tiefgang mit sich. "Painted shut" ist im Detail ein wenig sauberer als noch "Get disowned", lässt aber den Anspruch der endgültigen Rotzigkeit nie fallen. Gemeint ist dabei aber keineswegs die Show, sondern das wütende Selbstfraktal im Inneren der Künstler, welches sich immer wieder aufs Herrlichste nach außen kehrt. Hop Along sind mit "Painted shut" so überlebensgroß wie nie zuvor.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Buddy in the parade
- Horseshoe crabs
- Sister cities
Tracklist
- The knock
- Buddy in the parade
- Horseshoe crabs
- Waitress
- Happy to see me
- Texas funeral
- Powerful man
- Well-dressed
- I saw my twin
- Sister cities
Im Forum kommentieren
saihttam
2015-12-31 02:30:26
Gutes Ding! Der Gesang ist geil.
Blackberry
2015-12-29 20:31:12
Wow! Geiles Album. Warum so wenig beachtet?
Bonzo
2015-11-05 22:38:28
Diese Stimme. <3
eric
2015-07-08 11:41:01
Tolle Platte!
Bonzo
2015-06-25 20:50:27
Wow, erster Hördurchgang ist schon mal klasse.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Hop Along - Bark Your Head Off, Dog (8 Beiträge / Letzter am 19.04.2018 - 18:44 Uhr)
- Hop Along - Get disowned (4 Beiträge / Letzter am 02.05.2016 - 17:28 Uhr)
- Hop Along - Painted shut (9 Beiträge / Letzter am 31.12.2015 - 02:30 Uhr)