Andy Shauf - The bearer of bad news

Tender Loving Empire / Party Damage / Cargo
VÖ: 22.05.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Kleinstadtoden an den Alltag

Das hier ist für all diejenigen, die immer noch das Alltägliche für das Besondere halten. Wie diesen "Hometown hero", Trainer einer Highschool-Mannschaft (Andy Shauf erläutert nicht, ob Baseball oder Football), der den Räuber einer Bar übermannt und daraufhin, als wäre es das Normalste, aus der Kneipe geht, um dort zu rauchen und zu verkünden: "'Man, these things will kill me someday' / Exhaled smoke and said: / 'Here's to hoping.'" Der Erzählstil dieser Kleinstadtepisoden ist lakonisch, die musische Ausgestaltung eher karg. Shauf begleitet sich auf seinem Debüt selbst, mit Singer-Songwriter-Gitarre und mal mit Schlagzeug, selten mit Klarinette oder Geige. Die Gitarre stammt von seinem Großvater, aufgenommen wurde alles in Eigenregie im Keller seiner Eltern. Manchmal leitet er Lieder am Klavier ein. Wie im nur aus fünf Textzeilen bestehenden "I'm not falling asleep", das mit "When will I ever be safe from myself / If the danger all lies between heaven and hell?" schon zur Hälfte vorbei ist.

"The bearer of bad news" ist keine Ode an Saskatchewan, die Heimat des Kanadiers, auch wenn die kleinen Geschichten davon inspiriert wurden. Über vier Jahre hin. Es gibt auch längere, das achteinhalbminütige "Wendell Walker" etwa: Der Typ diesen Namens meint, die Stimme Gottes zu hören, der ihm versichert, seine Frau sei des Teufels und betrüge ihn. Walker erfährt davon, möchte den Liebhaber töten, zielt auf ihn mit einer Pistole, trifft seine Frau. Danach erschießt er sich. Der Kniff: alles erzählt aus Perspektive des Liebhabers als lyrisches Ich. Und das ist ohne Frage großartig, die versammelten Narrationen wie Shaufs lethargischer Gesang in geisterhaft-hoher Stimme, der alle Absurdität nur noch stärkt. Das hat vieles von Nick Drake oder Elliott Smith, ist durch und durch melodisch und textlich auch nahe an Mark Kozelek. In "Lick your wounds" heißt es dann: "Close your blue eyes, kiss my dry lips / Fall in love with my own loneliness."

Dave DiMartino, der für Yahoo! Music über die SXSW berichtet hat, nannte Shauf zuletzt den diesjährigen "special performer", dem die Begeisterung entgegengestürmt ist. Hoffen wir es. Denn diese Unverblümtheit, die simplen Harmonien, aber stellenweise verschachtelten Liedtexte – sie hätten so viel mehr Begeisterung verdient. Die er wohl nicht abbekommen wird. Dafür ist "The bearer of bad news" zu marktuntauglich, zu langsam, eben nicht "abwechslungsreich", zu subversiv. Wohl selten hätte man so gerne Unrecht.

(Maximilian Ginter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hometown hero
  • I'm not falling asleep
  • Wendell Walker

Tracklist

  1. Hometown hero
  2. Drink my rivers
  3. I'm not falling asleep
  4. Covered in dust
  5. Wendell Walker
  6. You're out wasting
  7. The man on stage
  8. Jesus, she's a good girl
  9. Lick your wounds
  10. Jerry was a clerk
  11. My dear Helen
Gesamtspielzeit: 44:05 min

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