Kid Wave - Wonderlust

Heavenly / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 29.05.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Mit dem Besten der 90er

Glaubt man der Werbung eines Mobilfunkanbieters, dann steht zwischen der Liebe des Lebens und einem selbst nur die monatliche Datenflatrate, die für Social-Media-Geschäker wie "Das gefällt mir, weil Du mir gefällst!" vonnöten ist. Kid Waves Musik würde in solche Spots passen – vieles klingt melodisch so naheliegend und vertraut, dass man sich fragt, was denn hieran besonders sein soll. Eben genau das. Im Ganzen hat "Wonderlust" etwas vom in Sepia-Farben getränkten Morgen danach: überfeiert, überliebt, überstrapaziert und im Kuss noch den billigen Wein und die unnötigen Zigaretten schmeckend. Das debütierende Quartett (zwei Jungs, zwei Mädels) mit Mitgliedern aus Schweden, Australien und dem UK genießt die Unentschlossenheit, deren Aufbruchstimmung gen Ende nicht das Verlassen meint, sondern das Zurückhuschen ins Bett, um beim vorigen Bild zu bleiben. Szenisch festgehalten auf dem Plattencover mit Rückfront der sich entkleidenden Sängerin Lea Emmery.

Das so Schlafwandlerische und Beiläufige an Emmerys Gesang, die gänzlich lethargisch dahin gebrabbelten Liedtexte, hüllen die Songs in eine schwer fassbare Sexyness. Auch auf den Pressefotos kommt die Frontfrau mit ihren viel zu langen und viel zu sehr ins Gesicht hängenden Haaren eher wie die juvenile Skaterin von um die Ecke daher. Dabei laviert sie mit Kid Wave zwischen vielen Anleihen, darunter PJ Harvey und Nico. Das Titelstück und "Gloom" vereinfachen den Shoegaze auf die Gitarrenwände im Chorus. "Walk on fire" möchte noch Balladenkunst beweisen, bevor dem Ganzen überdrüssig gewordene E-Gitarrensoli und anziehendes Schlagzeug die Wehmut nur bestärken.

"I'm trying to break your heart" heißt es in einem sanften Gemisch aus Noise- und Surf-Rock. Die Zweitstimme liefert Schlagzeugerin Serra Petale, ebenfalls in einem thematischen Zwist, als wäre das Herzensbrecherei nicht gewollt, der Akt selbst nur obligatorisch für ihre Kohorte. Doch welche ist das? Generation Maybe oder Generation Y oder Generation was-auch-immer? Für Kid Wave ist das egal. Sie schaffen es, mit Liedern wie dem verschwenderischen "Freeride" und Texten wie dem des orientierungslosen und eigentlich so simplen Popsongs "Dreaming on" mehr allgemeines Jugendgemüt als definitive Antworten einzufangen. Und ziehen dabei aus den 90ern, was gegenüber der Boyband- und Eurodance-Hochphase wirklich relevant war: Shoegaze und Dream-Pop zwischen Schlüsselwerken von Jason Pierce, My Bloody Valentine oder Mazzy Star. Dennoch verwundert es, dass Damenbands oder Bands mit einem hohen Frauenanteil wie Pale Honey oder PINS, alle etwa in ihren Zwanzigern, gerade 2015 diese Einflüsse aufleben lassen. Das sollte einen Applaus wert sein.

(Maximilian Ginter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wonderlust
  • Walk on fire
  • Dreaming on

Tracklist

  1. Wonderlust
  2. Gloom
  3. Honey
  4. Best friend
  5. Walk on fire
  6. Baby tiger
  7. All I want
  8. Sway
  9. Freeride
  10. I'm trying to break your heart
  11. Dreaming on
Gesamtspielzeit: 39:28 min

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