Daughn Gibson - Carnation
Sub Pop / CargoVÖ: 05.06.2015
Der Dauerzwiespalt
Daughn Gibson ist das Künstler-Alter-Ego des 34-jährigen Josh Martin. Ein Pseudonym, das als Hommage an die Country-Legende Don Gibson und den Blues-Gitarristen Steve Ray Vaughn angelehnt ist (das D in Daughn wurde aus dem Don von Gibson gestohlen). Für ihn unerwartet, feierten die Kritiker sein Debüt "All hell" in 2012, machten allmögliche Furore um den Crooner-Jüngling mit stimmlichen Nick-Cave-Anleihen. Sein Zweitling "Me moan" verabschiedete sich vom Minimalen, er scharte ambitionierte Musiker um sich (wie Baroness' John Baizley) und konzentrierte sich mehr auf atmosphärische Hintergrundklänge. Trotz Promotion-Mühen seines Labels Sub Pop zündete es weder bei den Kritikern, noch beim Publikum. Umso wichtiger war auch der NPR-Vorabstream seines neuen Albums "Carnation", der bei vielen als Wertmaßstab einer Tauglichkeit und Relevanz verstanden wird. Zu recht.
Im wahrsten Wortsinn liegt hier eine verkopfte und ständig die Klangcollagen wechselnde Platte vor. Im Opener "Bleed to death" wird über den zeitnahen Tod sinniert und die nachfolgende Wiedergeburt in Schmutz, hierzu finden sich gesampelte Engelschöre und richtungslose Klavierakkorde. Düster bleiben die Leitmotive: "It wants everything" aus Sicht eines narrischen Trinkboldes, der die Konfrontation mit all denen sucht, die seine Sucht und das verbundene Lebenszaudern nicht verstehen wollen. Dort heißt es etwa: "It wants everything / But that don't mean / Somebody tell me this / It hope I'm satisfied." Im von Synthesizern dominierten "Daddy I cut my hair" wird ein junger Psychotiker aus der Nervenheilanstalt entlassen und sucht in der Normalo-Welt nach (vor allem körperlicher) Liebe. Später setzen noch Streicher ein, die den Unmut über alle und jeden torpedieren. Wie seine Geschichten ist Daughn Gibson in einem Dauerzwiespalt mit sich, seinen Genreeinflüssen und der eigenen Erwartungshaltung an die Songs. Co-Produzent Randall Dunn (Sun O))), Earth) versucht erst gar nicht, dieses Künstlertaumeln zu glätten, daher ist "Carnation" auch mehr ein Weg, etwas Unfertiges und wird hierdurch authentisch und interessant.
Die Bedrohlichkeit von dem art-rockigen "I let him deal" oder einem groovenden "Shatter you through" entsteht auch durch ein verlangsamendes Prinzip, dem zudem Daughn Gibsons abgrundtiefer Gesang folgt. Vorzustellen als The Nationals Matt Berninger auf ganz vielen Downern. Obwohl einige Lieder recht kurz sind und die Platte insgesamt nur 39 Minuten dauert, sind Swans-ähnliche Klangspielereien in "Back with the family" wie ein Waten im Schlamm, in dem man weiter zu versinken droht, in dem es nicht voran geht, nur hinab zieht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bled to death
- Daddy I cut my hair
- Back with the family
Tracklist
- Bled to death
- Heaven you better come in
- Shatter you through
- Play
- For every bite
- Daddy I cut my hair
- A rope ain't enough
- I let him deal
- Shine of the night
- Runaway and the pyro
- It wants everything
- Back with the family
Referenzen
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