
Muse - Drones
WarnerVÖ: 05.06.2015
Wie es geht
Was hat man nicht alles gezetert mit Muse, dieser schon immer fürchterlich streitbaren Band. Denen man schon zu "Absolution"-Zeiten vorgeworfen hatte, musikalische Stillstandsverwaltung zu betreiben. Auf sinkendem Niveau natürlich. Hätte man gewusst, was in der Folge alles mit dieser Band geschehen würde, man hätte vielleicht die Klappe gehalten. Muse kamen ins Rollen und loteten nach den gelungenen Eskapaden in Sachen Größenwahn auf "Black holes and revelations" sämtliche Grenzen aus, die ihnen gerade in die Finger kamen. Sie wollten alles, sie wollten es sofort. Und in extremster Variante. Auf die Kette brachten sie unter dieser Maxime allerdings so gut wie nichts. Außer ein paar halbgute Queen-Zitate. Wodurch es niemanden Wunder nimmt, dass sowohl "The resistance" als auch "The 2nd law" inzwischen als Musterbeispiele für die tiefe Kluft zwischen Anspruch und Realität herhalten müssen. Und sonst bis auf ein, zwei lichte Momente besser totgeschwiegen werden.
Ein Schicksal, das im Vorfeld der Veröffentlichung von "Drones" weit mehr als ein Drohszenario am Horizont war, dürften die Vorboten dieses Albums doch nicht mal die unverwüstlichsten Muse-Fans optimistisch gestimmt haben. Ein Konzeptalbum natürlich, mit einem Thema, das mindestens vier Nummern zu groß für den lyrischen Luftikus Matthew Bellamy ist. Und leider auch mit "Psycho", einer Vorabsingle, die keiner blumigen Beschreibung wert ist, weil sie einfach nur furchtbar dröge ist. Der zu allem Überfluss eingestreute "[Drill sergeant]" kennt die Grenze zur Peinlichkeit ohnehin schon lange nur noch vom Hörensagen. Dazu gesellen sich noch die nervigen Angewohnheiten im Songwriting – hier ein bisschen zu viel Schmuck am Nachthemd, dort ein paar überflüssige Stimmeffekte – und natürlich ein Text, über den man den Mantel des Schweigens legen sollte. Fertig ist ein Stück, das einem jegiche Lust raubt, überhaupt in den Rest des Albums reinzuhören.
Was ein grober Fehler wäre. Der vorbereiteten Schimpftirade entzieht sich das Trio nämlich mit einem schelmischen Grinsen und legt tatsächlich ein bis auf eine Ausnahme durchwegs rundes Album vor. Klar muss man den Auftakt von "Dead Inside" nicht lieben, an den letzten 90 Sekunden gibt es aber trotzdem kein vorbeikommen. Da zeigt er sich wieder schemenhaft, dieser Pathos, den man so lange hat vermissen müssen. Der einen fast nostalgisch genug werden lässt, um das "Starlight"-Gedächtnisklavier von "Mercy" abzunicken. Wenn da nur der Refrain nicht wäre, der nach der kraftstrotzenden Bridge mehr oder weniger in sich zusammenbricht und einen guten Popsong so ein wenig verhunzte. Gute Popsongs haben Muse überhaupt auffallend viele im Gepäck, schließlich fallen neben den bereits angesprochenen noch "Defector" und "Revolt" vom Laster. Songs, die zeigen, dass Muse noch immer als verhältnismäßig konventionelle Rockband funktionieren. Die nicht weiter negativ ins Gewicht fallen, sich aber auch nicht als Highlights in Gespräch bringen sind das. Randnotizen.
Zumindest im Vergleich zu dem, was Muse noch aufzufahren wissen. "Reapers" gibt sich zunächst hemmungslos dem Gegniedel hin, erwischt aber doch irgendwie die Abzweigung in Richtung eines überladen-spinnerten Refrains. Natürlich nicht ohne irgendwo noch ein paar haarsträubende Gitarrenparts unterzubringen. Klingt zerfahren, funktioniert aber doch. Ganz hervorragend sogar. Im Anschluss darf dann "The handler" die Quintessenz dieser Band in einem einzigen Song zusammenfassen, und wenn "Aftermath" vorstellig wird, brennt endgültig der Baum. Was fast immer eine Garantie für fürchterlich verkitschten Schmonz war, funktioniert hier mit traumwandlerischer Sicherheit: Muse kredenzen eine Ballade. Ihre beste seit "Unintended". Und plötzlich spürt man mit jeder Faser, warum man dieser Band schon immer eine so exponierte Stellung eingeräumt hat. Wunderschöne Gitarrenmelodien, treffsicher dosierter Pathos und ein Finale, das spielend zwischen den Polen kraftvoll und zärtlich changiert. Und weil Muse eben Muse sind, belassen sie es nicht dabei, sondern schicken direkt "The globalist" hinterher. Ein Monstrum von zehn Minuten das bei Ennio Morricone startet, einen Abstecher in den Pop unternimmt und letztendlich über wüste Riffs als ausladendes Klavierstück endet. Ohne Längen oder Brüche. So zeigen Muse mit dieser Platte bisweilen eindrücklich, dass sie noch immer wissen, wie es geht. Und vor allem: Sie berühren wieder. Man hätte es nicht für möglich gehalten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Reapers
- The handler
- Aftermath
- The globalist
Tracklist
- Dead inside
- [Drill sergeant]
- Psycho
- Mercy
- Reapers
- The handler
- [JFK]
- Defector
- Revolt
- Aftermath
- The globalist
- Drones
Im Forum kommentieren
Felix H
2024-07-22 21:23:27
Der Flow ist für ein, äh, Konzeptalbum, wirklich nicht dolle. Und leider auch eher schwacher Abschluss, ab dem Punkt, wo sich "The Globulist" verliert.
Huhn vom Hof
2024-07-22 19:37:03
Der Flow dieses Albums ist einfach furchtbar. Erst kommt ein guter Opener, dann mit "Psycho" einer der schlimmsten Songs der Band, später dann die Hammertracks "Reapers" und "The Handler".
Dagon
2024-07-22 19:34:25
"Aftermath" und mit Abstrichen "Globalist" zähle ich neben den drei genannten ebenfalls noch zu den guten Songs.
nörtz
2024-07-22 19:13:19
Defector
The Handler
Reapers
Der Rest kann weg. :D
The MACHINA of God
2024-07-22 18:52:42
Kann quasi alles von Vennart unterschreiben. Diese drei Songs!
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