Prinzhorn Dance School - Home economics

DFA / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 05.06.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Kurz. Schluss.

Es gab Zeiten, in denen es Tobin Prinz und Suzi Horn eigenen Angaben zufolge am liebsten war, wenn das Publikum ihre Konzerte angewidert verließ. Und das konnte tatsächlich passieren bei den schroffen Songskizzen, die Prinzhorn Dance School auf ihrem brillanten Debüt entwarfen. Eine nölende Hungerstreik-Version von The Fall oder frühen These New Puritans, die New-Wave-Minimalisten Young Marble Giants live in einem Blecheimer, eine Techno-Punk-Party unter Stromausfall-Bedingungen in der Homebase von Prinz' und Horns Label DFA Records: naheliegende Assoziationen bei komplett entblößten Stücken wie "Crackerjack docker" oder "You are the space invader". Der ebenso großartige Nachfolger "Clay class" trieb die Dekonstruktion dann auf die Spitze – bis es kaum mehr etwas zu dekonstruieren gab. Das verdeutlichte seinerzeit bereits das vergleichsweise zart gesponnene Liebeslied "I want you" – eine Spielart, an der die zwei Briten auf "Home economics" offenbar Gefallen gefunden haben.

Das Abspecken können Prinzhorn Dance School jedoch auch weiterhin nicht lassen. Nur dass diesmal neben der Musik auch das Albumformat zurechtgestutzt wird: Trotz bloßer sechs Stücke in gerade einmal 22 Minuten versteht sich "Home economics" als Longplayer. Die Kunst des Weglassens bedeutet hier also vor allem Verzicht auf Spielzeit – was man angesichts der Single "Reign" durchaus schade finden kann. Zu sprödem Basslauf und desolatem Gitarren-Twang verhandelt nachdenklicher Boy-Girl-Wechselgesang bleierne Einsamkeit, präzise arrangiert pochen Beats, klackern Percussions und paukt die dicke Trommel. Ein Paradebeispiel für gelungene akustische Selbstbeschränkung und vielleicht Prinzhorn Dance Schools bisher vollkommenster Song, dem auch der obligatorische Shit-Robot-Mix nichts Substanzielles hinzuzufügen in der Lage ist. Denn analog zum Bandnamen sind Prinz und Horn auch ohne elektronische Zuspitzung in tiefstem Herzen ein Dance-Act, obwohl man das zunächst gar nicht merkt.

Rhythmisch einfach machen es die beiden dem Hörer bei aller relativen Milde deswegen aber noch lange nicht: "Battlefield" genügen eine vertrackte Beatbox und ein punktgenaues Riff für eine reizvoll passiv-aggressive Grundstimmung, durch das unruhig herumrutschende "Haggle" zieht sich ein morphendes Möbiusband aus Schlägen und Schlaufen. Und plötzlich passen Gerippe aus vorwitzigen Licks, Bassmusik-Karikaturen und Beziehungsschrott in eine durchlöcherte Westentasche, bis Prinz schließlich die Akustische hervorholt und mit treuherzigem Augenaufschlag bittet: "If you want our love to grow / Then let me go." Ein rührendes Finale, das aber nicht komplett über eins hinwegtäuschen kann: Hätten sie sich nicht gar so kurz gefasst, wäre Prinzhorn Dance School ein Meisterwerk gelungen und nicht bloß ein vorzügliches – nun gut – Album, das viel zu schnell vorbei ist. Immerhin: Dank "Home economics" ist das Wort "Repeat-Taste" auf Plattentests.de zur Abwechslung einmal erlaubt. Ausnahmsweise, versteht sich.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Reign
  • Let me go

Tracklist

  1. Reign
  2. Battlefield
  3. Clean
  4. Haggle
  5. Education
  6. Let me go
Gesamtspielzeit: 22:07 min

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Armin

2015-06-04 00:10:37

Frisch rezensiert. Meinungen?

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