Circuit Des Yeux - In plain speech

Thrill Jockey / Rough Trade
VÖ: 22.05.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Allgegenwärtig leicht

Haley Fohr alias Circuit Des Yeux' "In plain speech" wurde in drei verschiedenen Studios aufgenommen. Eine wahnsinnige Detailversessenheit hört man ihrer fünften Platte in jeder Sekunde an. Jede Vokalharmonie, die punktgenau auf klassisches Instrumentarium trifft, bildet den Wunsch nach einer liebevoll vertonten Perfektion ab. Ihr ist damit, unterstützt von sechs weiteren virtuosen Musikern, ein weiteres Mal ein Kleinod aus verträumtem, ausdrucksvollem Dark-Pop gelungen. Ähnlich The Irrepressibles fesselt Fohr mit ihrer androgynen Stimme als auch mit der musikalischen Ausgestaltung. Beiden Formationen liegt jedoch eine grundsätzlich andere Haltung zugrunde: The Irrepressibles umweht ein intellektueller Gestus von operettenhaftem Geltungsdrang, dem sie trotz großartiger Ausrufezeichen wie "In this shirt" von "Mirror mirror" musikalisch nie in Gänze gerecht wurden. Circuit Des Yeux hingegen haftet etwas Müheloses an, ein Drang nach selbstvergessener Leichtigkeit. Und Fohrs Stimme ist von ungetrübter Kraft und Eleganz.

An dieser Stelle sollen Schlaglichter genügen, die die Faszination zu dieser vielschichtigen Platte beleuchten. Wenn der Geigendialog in "Ride blind" in ihre theatralische Kopfstimme mündet, dann bleibt für einen kurzen Moment unkenntlich, ob diese luftige Komposition nicht von einem zusätzlichen Blas- oder Streichinstrument verfeinert wird. "Dream of TV" lässt sich lange bitten, all die leisen, wabernden Sounds aus Klarinette, Klavier, Xylophon und Flöte in ein nachvollziehbares Musikstück zu überführen. Erst die einfallenden Drums und Kathleen Bairds körperlose Hintergrundstimme verleihen den Halt suchenden Klängen Struktur und ebnen Fohrs gesanglichen Kapriolen den Weg. Und die üben eine suggestive Macht aus: "Fantasize the scene" geht ein gemeinsames Fortgehen in einer knappen, literarischen Skizzierung an. Die Liedstruktur zeichnet die vorgebrachte Sehnsucht in einem dringlichen Akustikgitarren-Motiv nach.

Im Sound der Lyrics herrscht dagegen zaghafte Unsicherheit vor, die ein resigniertes "Vielleicht" vor jedes Aufbegehren setzt: "Maybe I will push on through." Die Flucht "in a world where we can go all the way" wird zum existenziellen Wunsch. Von Geigen und sanftem Fingerpicking umschlungen endet "Fantasize the scene", indem das Imaginäre der Realität weicht. Es ist nicht die einzige, aber die herausragende Kommunikation zwischen Text und Musik auf "In plain speech", die bis zum Finale einen Rest von Ungewissheit beibehält. Ob es sich um eine biographische Selbstreflexion handelt, bleibt reine Vermutung. Im Interview sagt Fohr, sie könne sich an diesem Punkt ihres Lebens keine Einsamkeit leisten.

"In the late afternoon" reichert die omnipräsente Bassklarinette von Rob Frye die Soundpalette formvollendet an, denn ihre Abwesenheit hätte Fohrs neues Album zu reduziert klingen lassen. Das anfängliche, repetitive Leiern des Blasinstruments weicht mit Einsatz der rauschenden Noiseklänge, die ein rhythmisches Gerüst nachzuahmen versuchen. Über kammermusikalische Ausstattung und zu einer dezenten Klarinettenmelodie setzt Fohr zu einem letzten Lamento an: "When the seas are changing and the mountains are breaking / Sing a song for you, and your company, too." "In plain speech" ist von einer in sich gekehrten Balance beseelt. Fohr mahnt, klagt an und schöpft dabei ihre Kraft aus ruhigen Quellen. Ihre Musik verhandelt dabei sowohl das Weltgeschehen als auch das Individuum und ist ein nebelverhangenes, stilles Gewässer anstatt die tosende See – auf formvollendete Weise.

(Henrik Beeke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ride blind
  • Fantasize the scene
  • In the late afternoon

Tracklist

  1. KT 1
  2. Do the dishes
  3. Ride blind
  4. Dream of TV
  5. Guitar knife
  6. Fantasize the scene
  7. A story of this world
  8. KT 5
  9. In the late afternoon
Gesamtspielzeit: 34:47 min

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Bonzo

2015-12-09 17:36:37

Gerade das erste Mal "Fantasize the Scene" gehört. Tolle Komposition, erinnert mich irgendwie an die 90er Radiohead. Keine Ahnung wieso.

Ach ja und das hört sich auch irgendwie nach Hotel California an. :D

Armin

2015-06-04 00:09:01

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