A$AP Rocky - At.Long.Last.A$AP

RCA / Sony
VÖ: 05.06.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der Preis der Macht

"Always strive and prosper" – Rakim Mayers hat diese Worte längst verinnerlicht. Das Motto seiner Crew, die sich A$AP Mob nennt, ist mehr als ein netter Spruch. Es scheint wie eine Art Schlachtruf, etwas, das man sich auf einem Motivationsplakat vorstellen kann. Strebe und gedeihe stets, verweigere Dich dem Stillstand, arbeite für den Erfolg, die Anerkennung, den Ruhm, greif danach und beiß Dich fest. Es sind die Worte von Steven Rodriguez, auch bekannt als A$AP Yams, der sie 2007 als Parole für jenes Kollektiv aussprach, das sich seitdem mit den berüchtigten drei Buchstaben rund um das zum Dollarzeichen umfunktionierten "S" zu erkennen gibt. Mayers ist wohl der mit Abstand erfolgreichste Rapper von A$AP Mob, sein Debütalbum "Long.Live.A$AP" wurde mit Lorbeeren überschüttet – und aus dem Jungen aus Harlem wurde der Poster-Boy des Raps, der Lana Del Rey sei Dank sogar eine farbige Version von Präsident Kennedy spielen durfte. Geht es noch glamouröser?

Dass Erfolg und Anerkennung, so sehr man auch danach strebt, längst nicht alles sind, wurde Mayers im Januar 2015 erneut klar: Mit gerade mal 26 Jahren verstarb A$AP Yams unerwartet und plötzlich. Später sollte sich herausstellen, dass eine Drogenüberdosis Schuld am Tod des Mob-Bosses hatte. Da war A$AP Rockys zweites Album "At.Long.Last.A$AP" längst fertiggestellt und die ersten Singles bereits veröffentlicht. Dennoch scheint in den Songs eine gewisse dunkle Vorahnung mitzuschwingen. Den Mangel an echten Geschichten, an Gehalt, an Authentizität, den Kollege Bischoff auf dem Debüt noch feststellte, gibt es auf dem Zweitling beileibe nicht mehr. Er habe komplett loslassen wollen, verkündete Mayers vorab, prominente Unterstützung gab es etwa von Kanye West, Mos Def und Mark Ronson – am prominentesten vertreten ist aber ausgerechnet ein bis dato unbekanntes Gesicht: Der britische Straßenmusiker Joe Fox landete eher durch Zufall im Studio und ist in fünf Stücken zu hören. Etwa im zappendüsteren "Pharsyde", einer von Danger Mouse produzierten Horror-Krimi-Erzählung über das Leben in Harlem: "My ears are ringing, my palms are shaking, my heart is racing / Somebody's mama's heart is aching, can't take it, partly fainted / Found his body parts in awkward places / Like apartments, garbage, vacants lots, garages, spaces / Harlem's far too spacious."

Einen weiteren Hinweis darauf, dass auch ein mit Goldketten behängter Rapper vor Problemen wie Existenzängsten und Identitätskrisen nicht gefeit ist, findet sich in "M'$": "It's like lately I ain't myself / I'd rather hang myself before I play myself", erklärt er, kurz bevor Lil Wayne seinen besten Auftritt seit langem hinlegt. Eine Legende ganz anderen Kalibers findet sich in "Everyday" wieder: Das 1972 von Python Lee Jackson und Rod Stewart veröffentlichte "In a broken dream" wird hier so großzügig gesampelt, dass Letzterer sogar als Feature-Gast genannt wird – ähnlich wie es schon mit Otis Redding in "Otis" auf Jay-Zs und Kanye Wests Gemeinschaftsarbeit "Watch the throne" der Fall war. Zusätzlich bedienen Miguel und Mark Ronson die jüngere Generation, der hier eindrucksvoll vorgeführt wird, welche Entwicklung A$AP Rocky seit 2011 und seiner ersten Single "Peso" durchgemacht hat. Dass es dennoch nicht ohne eine gewisse Portion Drama und Provokation geht, macht "Better things" deutlich, das mit einem fragwürdigen Diss in Richtung der singenden Schauspielerin Rita Ora aufwartet. Manchmal ist es im HipHop eben auch nur wie in jeder x-beliebigen Seifenoper.

Es geht aber auch anders: Das schwermütige "Fine whine" steigert sich beinahe im Sekundentakt, Mayers' Hommage an diverse Drogen wirkt nicht nur aufgrund des dezenten Pianos über dem wummernden Beat unterschwellig melancholisch. Endgültig Fahrt nimmt das Stück ab der zweiten Hälfte auf, wenn zuerst M.I.A. mit der Faust auf den Tisch haut und anschließend Future für ein gelungenes Finale sorgt. Eine völlig andere Schiene fährt "Excuse me": Mit einem Sample des Platters-Klassikers "Come home for Christmas" rechnet er mit Widersachern ab: "And I run the game even when they bend the rules / I pay very close attention after that I paid my dues / And uh, excuse me, may I be excused? / Cause I gave this shit my all, ain't got nothing left to lose." Übertroffen wird das nur noch vom Abschlusstrack "Back home", der wohl offensichtlichsten Huldigung seines alten Kumpels A$AP Yams, bei der eine Art Feuermelder als Rhythmusgeber fungiert und niemand Geringeres als Mos Def alias Yasiin Bey einmal mehr deutlich macht, dass er einer der innovativsten Rapper überhaupt ist. Ganz am Ende, nach einer mehrsekündigen Pause, ertönt sie schließlich wie aus dem Nichts, die Stimme von A$AP Yams, einmal mehr der Motivator, der Sprücheklopfer, der Anführer. Ab sofort wird der Mob ohne ihn auskommen müssen. Gut, dass A$AP Rocky ihm ohnehin längst entwachsen ist.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fine whine (feat. Future, Joe Fox & M.I.A.)
  • Excuse me
  • Pharsyde (feat. Joe Fox)
  • M'$ (feat. Lil Wayne)
  • Everyday (feat. Rod Stewart, Miguel & Mark Ronson)
  • Back home (feat. Mos Def, Acyde & A$AP Yams)

Tracklist

  1. Holy Ghost (feat. Joe Fox)
  2. Canal St. (feat. Bones)
  3. Fine whine (feat. Future, Joe Fox & M.I.A.)
  4. L$D
  5. Excuse me
  6. JD
  7. Lord pretty Flacko Jodye 2 (LPFJ2)
  8. Electric body (feat. Schoolboy Q)
  9. Jukebox joints (feat. Joe Fox & Kanye West)
  10. Max B (feat. Joe Fox)
  11. Pharsyde (feat. Joe Fox)
  12. Wavybone (feat. Juicy J & UGK)
  13. Westside highway (feat. James Fauntleroy)
  14. Better things
  15. M'$ (feat. Lil Wayne)
  16. Dreams (Interlude)
  17. Everyday (feat. Rod Stewart, Miguel & Mark Ronson)
  18. Back home (feat. Mos Def, Acyde & A$AP Yams)
Gesamtspielzeit: 68:48 min

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@captain kidd

2015-06-05 23:37:34

exakt.

captain kidd

2015-06-05 23:08:46

exakt.

Soup

2015-06-05 20:23:20

Find ich auch gut, leider etwas zu lang.

boneless

2015-06-05 19:31:31

amüsantes bashing.

ich hingegen hab mit der neuen a$ap mehr spaß als mit to pimp a butterfly.

Armin

2015-06-04 00:08:40

Frisch rezensiert. Meinungen?

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