Action Bronson - Mr. Wonderful
Atlantic / WarnerVÖ: 27.03.2015
Das rote Haar in der Suppe
Ariyan Arslani ist eine imposante Erscheinung. Der Sohn eines albanischen Moslems und einer jüdischen US-Amerikanerin, der selbst im New Yorker Stadtteil Queens aufgewachsen ist, bringt gut 150 Kilo auf die Waage, die sich auf 183 Zentimeter verteilen. Schneeweiße Haut, ein feuerroter Rauschebart und hellblaue Augen gehören ebenso zu den körperlichen Attributen des Rappers, der sich als Action Bronson in den vergangenen sieben Jahren einen Namen in der HipHop-Szene gemacht hat. Es ist kaum zu glauben, dass "Mr. Wonderful" tatsächlich erst das zweite Soloalbum des 31-Jährigen ist, hat er mit diversen EPs und Mixtapes doch bereits auf sich aufmerksam machen können. Mit seinem Major-Label-Debüt soll es nun auch der letzte mitkriegen: Action Bronson hat den Kochlöffel abgegeben und greift nun nach der Rap-Krone. Vor seiner musikalischen Karriere war Arslani nämlich tatsächlich als angesehener Gourmet-Koch in New York tätig. Ein Beinbruch in der Küche sorgte dafür, dass er die Schürze an den Nagel hängte.
Ungeachtet seiner kulinarischen Künste war es womöglich die beste Entscheidung seines Lebens: "Easy rider", der erste Vorbote des Albums, der schon im Sommer 2014 auf die Menschheit losgelassen wurde, lässt auf ordentlich Ehrgeiz schließen und zeugt zudem vom Charisma des zweifachen Familienvaters: Nicht nur das fantastische Musikvideo im Stil des gleichnamigen Films macht Bock auf einen psychedelischen Trip durch verstaubte Straßen auf der Suche nach vielem, vor allem aber nach sich selbst. Der eigentliche Anheizer sollte aber das fast schon poppige "Baby blue" werden, die vierte Single des Albums, welche mehrere große Namen vereint: Mit Chance The Rapper, einem jener berüchtigen Wunderkinder des HipHops, dessen erstes richtiges Album nach einer Reihe bejubelter Mixtapes noch immer auf sich warten lässt, als Kollaborateur kann man kaum etwas falsch machen. Zudem hat Arslani mit Co-Songwriter Zane Lowe – bis März 2015 quasi eine lebende Legende auf BBC Radio 1, mittlerweile unterwegs zu neuen Ufern beim Apple-Konzern – und Produzent Mark Ronson das Höchstmaß kreativer Unterstützung auf seiner Seite.
Es sind vor allem eben diese beiden Stücke, die die zweite Hälfte von "Mr. Wonderful" über weite Strecken retten. Dabei fängt es durchaus vielversprechend an: Nach einem zumindest interessant anmutenden Billy-Joel-Sample im Opener "Brand new car" schmeichelt der von The Alchemist produzierte Slow-jam-Rap "Terry" seiner leicht schnoderrigen Art zu rappen. Party Supplies, seine Partner auf den beiden "Blue chips"-Mixtapes von 2012 und 2013, saßen im experimentellen "City boy blues" hinter den Reglern, welches zeigt, dass Arslani durchaus bereit ist, auch mit dem Major im Rücken gewisse Risiken einzugehen. So verzichtet er hier im Grunde komplett auf das eigentliche Rappen, sondern singt, predigt, schreit und zeigt, dass auch ein Mann seines Formats, seiner Hautfarbe, seiner Kultur den Blues spüren kann. Das muss man ihm lassen: Arslani hat sich nach dem vollkommen unnötigen Social-Media-Ärger vor einigen Jahren zu einem echten Sympathen entwickelt.
Das alles hilft leider auch nicht darüber hinweg, dass nach starkem Beginn die Stimmung in der zweiten Hälfte von "Mr. Wonderful" etwas abflacht. Das leider recht künstlich wirkende Gitarrenriff in "Only in America", das den eben noch so angenehmen Soul hinter sich lässt, und der pseudo-rockige Rhythmus mögen nicht so recht zu Arslanis Stimmfarbe passen, der hier ungewöhnlich angespannt klingt. Das relaxt-loungige "A light in the attic" mit seinem Hauch von Jazz ist da eher seine Kragenweite, mit sechs Minuten aber schlicht zu lang, um wirklich Fahrt aufnehmen zu können. Dass es die relativ entbehrliche Live-Darbietung von "The passage" aufs Album geschafft hat, dürfte einzig und allein an den enthusiastischen "Bronson-"Rufen aus dem Publikum liegen – was vielleicht als cleverer Schachzug gedacht war, hier aber unangenehm gewollt daherkommt. "Mr. Wonderful" schließt zum Glück mit dem bereits genannten "Easy rider" und damit auf hohem Niveau ab. Es bleibt zu hoffen, dass der nächste Streich von Ariyan Arslani alias Action Bronson ohne jenes feuerrote Haar in der Suppe ausgeliefert wird, welches hier stellenweise für einen leicht bitteren Nachgeschmack gesorgt hat.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Terry
- City boy blues (feat. Chauncy Sherod)
- Baby blue (feat. Chance The Rapper)
- Easy rider
Tracklist
- Brand new car
- The rising (feat. Big Body Bes)
- Terry
- Actin crazy
- Falconry (feat. Meyhem Lauren & Big Body Bes)
- Thug love story 2017 the musical (Interlude)
- City boy blues (feat. Chauncy Sherod)
- A light in the attic (feat. Party Supplies & Black Atlass)
- Baby blue (feat. Chance The Rapper)
- Only in America (feat. Party Supplies)
- Galactic love
- The passage (live from Prague)
- Easy rider
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Schwitzkasten Murphy
2016-08-16 10:12:21
war eines der genialsten rapalben im letzten jahr. klar das pt hier wieder komplett verpeilt war. wenn man sich drauf einlässt, macht das album verdammt viel spaß. easy rider war für mich der beste rapsong des letzten jahres. da kommt auch kein noch so verkopfter song der butterfly von kendrick gegen an. auch schön zu sehen, dass bronson sich aucg selbst auf die schippe nimmt. kann verstehen, dass er nicht jeden geschmack trifft, (entweder man mag seine 140 kilo erscheinung+humor oder eben nicht) aber sich an den kleinigkeiten aufregen, die in der rezi genannt werden, ist doch arg lächerlich. ich meine, er flowt und flowt und hört gar nicht mehr auf, dazu die genialen beats von alchemist. das teil ist für mich locker ne 8.
J. Xux
2015-04-20 12:23:58
Wie geil ist denn das "Baby Blue"- Video.!!!!111
lol echt große Kunst!
Der Prinz aus Zamunda lässt grüssen
Soup
2015-04-05 11:40:23
Nö, dann doch eher enttäuschend, leider.
sumo-ringer
2015-04-05 01:52:17
ach ja: wann kommt die pt-rezi?
sumo-ringer
2015-04-05 01:50:45
album des jahres!
kendrick und kanye können sowas von einpacken.
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