Shamir - Ratchet

XL / Beggars / Indigo
VÖ: 15.05.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

In-a-gadda-da-Nevada

Wenn Du nicht mit einem Emu über den Strip reitest, mit dem Fersenhobel Limetten in den Caipirinha schälst, an zwei Armen am einarmigem Bandit hängst, dafür schlicht die Glitzerwelt am Horizont hinter Dir lässt, dann kann Las Vegas ganz schön sandig und trostlos sein. So klingen die ersten tröpfelnden Beats auf Shamirs Debüt "Ratchet" wie ein hustendes Schleppen durch die karge HipHop-Wüste gen Strip, mit nichts als einem Leierkasten-Synthie an der Seite. "The city is alright / At least at night", singt Shamir und entschwindet mit Saxophon in den bunten Abend. Der Song "Vegas" dient als Instruktion in Shamir Baileys Welt: als Teenie ein Exot, inzwischen androgyner Paradiesvogel mit Stil und Stilbruch.

Wobei: Eigentlich gewährt "Ratchet" durchweg Einblicke in das Seelenleben des 20-Jährigen, der es nicht nur äußerlich dem Gegenüber schwierig macht, sein Geschlecht zu erkennen, sondern auch vokalistisch. Seine Sangesorgan ordnet man mal einer Soul-Lady zu, dann dem imaginären Kind von Jimmy Somerville zu The-Communards-Zeiten und Gabriella Cilmi sowie immer wieder Sylvester James Jr. "Adulthood is one big myth. They say I'm a big party machine and all my friends that I get so mean / But what do they know, they're just all upset, because life's no answer just one big guess / So, I not go out and make a scene", gibt Shamir in "Make a scene" zu Protokoll. Und dann wirbelt die der Clubkultur entliehene Sequenzer-Sirene einen Strudel auf, der durchaus sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Shamir hören heißt tanzen. Mitunter auch ungelenk. Der unterschwellig aufbegehrende Groove von "Hot mess" macht süchtig, aber wie dazu bewegen, wenn Andrew Butler ständig anklopft und fragt, ob das nicht auch ein guter Song für seine Band Hercules And Love Affair wäre? Nun, wäre er tatsächlich. Und das nicht als einzige Nummer. Für "Call it off" breitet Shamir auf seiner Spielweise neben adrett verpackten Verweisen auf Michael Jacksons Solo-Frühphase auch von Chicago-House beeinflussten Sound aus.

Mit "Demon" wagt sich der 20-Jährige auf beinahe konventionelles Popterrain, machte das E-Piano nicht einen auf alten Soul-Kumpanen. Auch das balladeske "Darker" fungiert als ruhiger Zwischenpart und gleichzeitig als nackter Servierteller für das Brüchige und Unperfekte in Shamirs Stimme. Überzeugender aber bleibt er in discoiden Stücken wie "Youth" und dem angefunkten Post-70s-Stück "In for the kill", in dem die Bläser so herrlich übereinanderstolpern. Und "On the regular" beschert als größter Hit der Platte der Who-cares-Attitüde obendrein den schönsten Einsatz eines Kuhglocken-Gebimmels seit De Lux' "Better at making time", während der junge Mann aus Vegas rappt. "Ain't got no time for your ratchet-ass goons / And just settle down and listen to my tunes." Endlich unbiegsame Knete für den Dancefloor.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • On the regular
  • Hot mess
  • In for the kill

Tracklist

  1. Vegas
  2. Make a scene
  3. On the regular
  4. Call it off
  5. Hot mess
  6. Demon
  7. In for the kill
  8. Youth
  9. Darker
  10. Head in the clouds
Gesamtspielzeit: 38:34 min

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Desare Nezitic

2015-11-28 17:29:52

@Hanno

So ist das :)

Ich finde das Album durchaus gut, durchaus clever, aber mich hat es nicht so gepackt, sodass ich dieses Album auf Dauer auch nicht sonderlich oft gehört habe.


Das ist bei mir der Standard - es gibt stets neue Musik, deshalb höre ich ein Album nie länger als zwei, drei Wochen am Stück, selbst wenn's die "Platte des Jahrzehnts" wäre

Wenn mich ein Album jedoch wirklich irgendwie packt, selbst wenn ich dem Album einfach keine sehr hohe Wertung geben kann, höre ich es quasi wöchentlich, auch wenn es schon Monate alt ist.

Hanno (unangemeldet)

2015-11-27 21:51:02

Muß mir das Album in den nächsten Tagen erst zu Gemüte führen, muß aber schmunzeln, wenn ich lese "Aber gehört wird es bereits jetzt nicht mehr. Da ist zuviel anderes."

Das ist bei mir der Standard - es gibt stets neue Musik, deshalb höre ich ein Album nie länger als zwei, drei Wochen am Stück, selbst wenn's die "Platte des Jahrzehnts" wäre ...

Mixtape

2015-09-25 18:49:59

Hält sich überraschend gut bei mir für das Genre. Bestes Disco-Album seit dem Debüt von Hercules & Love Affair.

Desare Nezitic

2015-06-25 00:43:28

PS: Würde das Album dennoch mit einer ganz knappen 7/10 bewerten. Aber gehört wird es bereits jetzt nicht mehr. Da ist zuviel anderes.

Desare Nezitic

2015-06-25 00:41:28

Würde es exakt so sehen wie saihttam. "Call It Off" ist z.B. ein Ohrwurm für die Jahrescharts (samt schönen Video), auch sonst klingt der junge Shamir hin und wieder irritierend nach Jacko als er noch Schwarz war. Aber die Substanz, ja, das ist das Problem. Das Album klingt spätestens nach dem 10. Mal bereits recht abgeschmackt.

Der Künstler bleibt aber auf dem Schirm, vielleicht kommt mit dem Zweitling was.

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