Die Wilde Jagd - Die Wilde Jagd

Bureau B / Indigo
VÖ: 01.05.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Krautpleaser

Da die Fortuna und die Toten Hosen sich in die Zweitklassigkeit verabschiedet haben, sind in Düsseldorf Kapazitäten freigeworden. Kapazitäten, die eine Rückbesinnung auf alte Stärken zulassen. Krautrock, Düsseldorf – da war doch etwas! Das dachten sich wohl auch Ralf Beck, Kennern ein Begriff als Teil des Duos Nalin & Kane, und Sebastian Lee Philipp, ansonsten Mitglied des Berliner Projekts Noblesse Oblige. Als Die Wilde Jagd machen die beiden Musik, die ganz in der Tradition ihres Entstehungsortes aufgeht. Die acht Tracks ihres selbstbetitelten Debüts zelebrieren die Monotonie des Waldtags, ohne dabei der Langeweile anheim zu fallen. Verkürzt wird die Zeit zwischen Lauer und Blattschuss durch die Kontrastierung volltönender analoger Instrumente mit digitalen Spielereien moderner Prägung.

Besonders eindrucksvoll gelingt ihnen dies in "Austerlitz", das sich alle Zeit der Welt nimmt, bevor es mit Flöten und Gitarren zum Flug in die Stratosphäre ansetzt. Mit etwas mehr Bodennähe, doch nicht minder verschroben flattert der "Torpedovogel" durch das Fichtendickicht. Von weit her erschallt ein verbogenes Waldhorn, und allerhand andere, ziemlich kaputte Klangerzeuger scheuchen das Damwild aus dem Unterholz. Ein Konzept zu entwickeln, ist eine Sache - es konsequent durchzuziehen, eine andere. Und Beck und Philipp treiben es genüsslich auf die Spitze, indem sie lyrisch-rezitative Elemente einstreuen. Besonders gelungen ist diesbezüglich das dem Tageslicht entgegensinnende "Morgenrot", das den impressionistischen Text mit verhuschten Akustikgitarrenklängen untermalt.

Richtiggehend psychedelisch ist dagegen "Der elektrische Reiter", der Feedbackschwaden und Echoschlieren hinter sich herzieht. Als Fundament operiert dabei ein Beat, der zwar simpel, aber komprossmislos den Takt angibt. Vor allem hier hört man den Einfluss von Bands wie Neu! und Kraftwerk, der auch deutlich in der zurückhaltend instrumentierten "Jagd auf den Hirsch" hervortritt. Dass sich erst nach sechs Minuten Getrommel und Geplucker das melodische Hauptmotiv hervorschält, zeugt von dem gesunden Selbstverständnis der beiden Musiker: Geduld ist vonnöten, doch wird reich belohnt.

"Wah Wah Wallenstein" ist nicht nur heißer Kandidat für den Songtitel des Jahres, sondern ein weiterer Beleg für diese These. Minimalistisch und gleichförmig trabt der Track dahin, immer wieder ist ein verzerrtes Lachen zu vernehmen. Kurze Momente der Ruhe wechseln sich ab mit vollumfänglich wummernden Passagen, erst nach über fünf Minuten biegt das Stück auf eine mit Feuerwerk und Konfetti ausstaffierte Zielgerade ein. So lassen sich Alben eröffnen und Rauhnächte überstehen. Wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, sollte wenigstens die Begleitmusik stimmen. Und jene Melange aus Krautrock, Electronica und Pop, die Die Wilde Jagd anbieten, hat das Zeug zum echten Krautpleaser.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wah Wah Wallenstein
  • Austerlitz
  • Der elektrische Reiter
  • Morgenrot

Tracklist

  1. Wah Wah Wallenstein
  2. Austerlitz
  3. Torpedovogel
  4. Durch dunkle Tannen
  5. Der elektrische Reiter
  6. Morgenrot
  7. Jagd auf den Hirsch
  8. Der Meister
Gesamtspielzeit: 49:10 min

Im Forum kommentieren

Christopher

2018-12-31 13:27:49

Habe hier aufgeräumt.

Christopher

2015-04-30 00:22:52

Dieses Album braucht Zuneigung!

Video zu "Wah Wah Wallenstein": https://www.youtube.com/watch?v=mUKxwMlPtQg

Armin

2015-04-29 23:38:58

Frisch rezensiert! Meinungen?

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