Howling - Sacred ground
Monkeytown / Counter / Rough TradeVÖ: 01.05.2015
Schweben und schweben lassen
Auch selten: aus Song mach Band. Howling wurden erst zu Howling, als Frank Wiedemann von Âme 2012 Ry Cumings Song "Howling" justierte. So transformierte sich das Stück aus einer reinen Singer-Songwriter-Nummer zu einem wunderbar stimmigen Folktronica-Deep-House-Track. Dazu hätten seinerzeit schon viele Menschen tanzen können, tanzen müssen, hinein in die frühen Morgenstunden, sie lauschten aber lieber Klingande und Wankelmut und warteten, ehe Deep-House via Robin Schulz und Felix Jaehn mehr Popkonformität erlangte. Glücklicherweise erkannte das deutsch-australische Gespann, was es auszulösen im Stande war und stürzte sich unbeirrt in das Projekt Howling.
Aus Ry Cuming, dessen Stimme sicherlich auch ein passendes Heim in Bon-Iver-ähnlichen Tracks gefunden hätte und weiterhin finden würde, schwand der Barde. Es blieben Bart und Stimme. Im Falsett vorgetragen, belebte sie bereits The Acids "Liminal" und nun das elektronische Grundgerüst Wiedemanns auf "Sacred ground". Sie ist trotz ihrer wehklagenden Entrücktheit das greifbare Element auf lauwarmem, digital entstandenem Boden. Unabhängig davon, ob sie für "Signs" gemorpht und in "Short line" zu Acid-House-Schlieren gedoppelt wird. Die computergenerierte Bearbeitung entfremdet immer bis zu einem nachvollziehbaren Grad, befremdet aber nie. So unterschiedlich das musikalische Umfeld der beiden Herren vielleicht mal gewesen sein mag, so stilsicher wie dialogisch ist das gemeinsame Schaffen heute.
Wiedemann hantiert mit analogen Klängen, verpackt für "Zürich" Field Recordings und Ambient und folgt unbeflissen seinem Drang sterile, aufgestapelte Unterbauten zu installieren. Im Opener wirft er ein paar Piano-Tupfer in den Raum, um sie dann nach zwei Minuten mit einem Bass aus 20 Metern Tiefe wie Wackelpudding schweben zu lassen. DJs lägen mit einer Dillon-Nummer im Anschluss sicher nicht verkehrt; Howling schicken indes die leicht schwankende Basslinie des New-Wave-Popstücks "Stole the night" ins Rennen. Unter leichtem Hall huscht Ry X, so Cumings inzwischen wohl geläufigerer Künstlername, über das elektro-minimalistische, mild-technoide "X machina" hinweg, während es "Forest" mit "Interlude II"-Vorbereitung mehr in den Ur- als den Schwarzwald zieht.
Was sich auch südamerikanische Dr. Brinkmanns nicht entgehen lassen sollten, ist das Finale von "Sacred ground". Nach dem zarten Extended Mix des bereits erwähnten "Howling", erfährt das Debütalbum des Duos seinen krönenden Abschluss. Eine über neunminütige Melange, die nicht recht TripHop-Gehschritt, Post-Rock-Übung, Shoegaze-Ausläufer oder Ambient-Krönung ist oder sein will, zwischen Atmosphäre und Stratosphäre schwebt und einerseits mit "Lullaby" perfekt beschrieben ist. Andererseits wäre es unverzeihlich, bestünde alleine die theoretische Chance, dass jemand bei Minute sieben wegnickt. Dieses Ende darf nur vorübergehend sein. Sonst heult hier jemand ganz anderes.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Stole the night
- Zürich
- Howling
- Lullaby
Tracklist
- Signs
- Stole the night
- Interlude I
- X machina
- Litmus
- Zürich
- Short line
- Quartz
- Interlude II
- Forest
- Howling
- Lullaby
Im Forum kommentieren
musie
2015-05-01 09:39:45
schönes album für die nacht. ausserordentlich gelungen.
Mondwaffel
2015-04-30 21:24:25
Das Album ist wirklich gut geworden. Spricht mich nach zwei Durchläufen auch mehr an als das Album vom Acid-Projekt. Highlights bisher Zürich, Howling und Lullaby.
Am besten gefällt mir Ry aber nach wie vor alleine (Berlin EP und Sweat 7'') Hoffe sehr, dass da bald ein Solo-Album von ihm kommt.
Steff
2015-04-30 07:54:30
Starkes Album ... für Leute, die auf RY X the acid abfahren natürlich ein Muss :) bin da auch letztens auf hvob gestoßen, die man in diesem Zusammenhang auch gerne mal anhören darf.
howling - stole the night
https://www.youtube.com/watch?v=lXOMges3KqA
hvob - window
https://www.youtube.com/watch?v=GM-xUu3VRsU
Armin
2015-04-29 23:36:24
Frisch rezensiert! Meinungen?
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