Peter Broderick - Colours of the night
Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 24.04.2015
Ein alter Anfang
Irgendwann war es wohl einfach zu viel: Nachdem Peter Broderick knapp zehn Jahre die Welt bereist hatte, um mit so vielen Künstlern wie möglich zusammenzuarbeiten – Nils Frahm, Efterklang und Laura Gibson sind nur drei Namen von vielen –, brauchte der 28-Jährige offenbar eine kleine Auszeit. Zu mühsam gestaltete sich die Arbeit an der eigenen Musik, die Ideen waren da, ließen sich aber nur noch schwer verwirklichen. Besonders das experimentelle Konzept hinter "http://www.itstartshear.com" war live kaum umsetzbar, ebenso die anderen zwischen Electronica und Klassik wandelnden letzten Alben, deren künstlerisch hoher Anspruch oberste Priorität für den Multi-Instrumentalisten war. Broderick drohte, sich selbst zu verlieren, eine längere Krankheitsphase legte ihn zusätzlich lahm. 2014 meldete er sich schließlich mit der EP "(Colours of the night) Satellite" zurück, die quasi als Einleitung zum knapp sechs Monate später erscheinenden und fast gleich betitelten neuen Album "Colours of the night" fungierte.
Zum ersten Mal in seiner Karriere hat der Mann aus Maine hier nicht alle Instrumente selbst eingespielt, sondern die Kontrolle darüber zumindest teilweise an Gastmusiker aus Luzern abgegeben. Herausgekommen ist sein folkigstes, fast schon organischstes Werk seit dem 2008er "Home". Die Singer-Songwriter-Elemente stehen den zehn Songs gut, mit dem warmherzigen Titeltrack gibt es bereits ein frühes Highlight, das zudem einen Einblick in die von Stress, Erschöpfung und Erfolgsdruck gezeichneten letzten Jahre und die darauffolgende Erholungspause gewährt. Das countryeske "Our best" baut über sechseinhalb Minuten eine wohlige Stimmung auf, zu der sich nach und nach eine kraftvolle Streichersektion und eine von auf dieser Platte diversen weiblichen Sängerinnen gesellen, um in einem dramatischen, aber nicht übertrieben kitschigen Feuerwerk zu enden.
So schön die Rückkehr zu "Home" stellenweise aber auch ist, so vorhersehbar scheint die Entwicklung in einigen Songs zu sein: Die A-capella-Nummer "If I sinned" gefällt vor allem wegen ihres leicht gespenstischen Einschlags – und weil sie größtenteils an Owen Pallett erinnert. Den rauhen Seemanns-Folk von "On time" hat Damien Rice nicht nur auf seinem letzten Album "My favourite faded fantasy" bereits zelebriert. Und der emotionale Opener "Red Earth" kommt zumindest dieses Jahr nicht an Sufjan Stevens vorbei, der mit "Carrie & Lowell" das Folk-Meisterwerk veröffentlicht hat, an dem sich andere messen müssen. Broderick steht vor dem Luxusproblem, dass er mit seiner eigenen Innovation, seiner eigenen Kreativität, an die man sich in den letzten Jahren so gewöhnt hat, nicht immer ganz mithalten kann. Die finale Doppelspitze aus dem melancholischen "More and more" mitsamt seinem Bläsersatz und "Rotebode", dem einzigen Instrumental des Albums, sorgt zwar für ein Ende mit Ausrufezeichen – die vorangegangene Geschichte jedoch hätte hier und da etwas mehr Charakter benötigt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Colours of the night
- Our best
- More and more
Tracklist
- Red Earth
- The reconnection
- Colours of the night
- Get on with your life
- If I sinned
- Our best
- One way
- On time
- More and more
- Rotebode
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Armin
2015-04-22 21:16:35
Frisch rezensiert! Meinungen?
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