Laura Marling - Short movie

Caroline / Universal
VÖ: 20.03.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Das Mädchen und der Mond

Für ihr fünftes Album suchte sich Laura Marling ein stilles Plätzchen abseits des Getöses, irgendwo im sanften Licht eines pinkfarbenen Mondes. Mit den ersten Songs, die sie für ihre neue Platte komponiert hatte, war sie alsbald sehr unzufrieden, empfand sie als zu uninspiriert und uneigenständig, so dass sie sich für ein halbes Jahr eine Auszeit nahm und in jener Zeit ihre neue Heimat Los Angeles erkundete. In dieser Findungsphase entstanden dann erste neue Ideen und Songskizzen, aus denen sie letztlich ihren eigenen "Short movie" formte. Bestimmt wird das Album von der intimen Grundstimmung der Stücke, ihrer extremen Reduktion und der dadurch enstehenden Intensität. Denn eines war schon immer klar: Viel Schnickschnack braucht Marling nicht, ihre Stimme alleine ist so markant wie ausdrucksstark, changiert zwischen herzwärmender Melancholie und liebenswürdiger Verträumtheit, ohne sich aber dem Diktat der Niedlichkeit zu ergeben. Es ist alles ihr voller Ernst.

Wichtigstes Leitmotiv des Albums ist das Leben und Leiden im viel besungenen Moloch L.A., das erstickende Streben nach Glück, der Druck, eine Fassade aufrecht zu erhalten, selbst wenn einem an regnerischen Tagen gar nicht danach zumute ist. Die 13 neuen Stücke erzählen Geschichten von Entwurzelung und Zweifeln, von Mondsucht und dem Gefühl, der einzige Mensch auf der Welt zu sein, der irgendwie anders tickt: "Living here is a game / I don't know how to play / Are you really not anybody / Until somebody knows your name?" heißt es dann passenderweise im sommergrünen Folk-Rock von "Don't let me bring you down". In der warm-perlenden Kampfansage "How can I" betont die talentierte Britin dann aber, dass sie mittlerweile immerhin schon mehr riskiere, nicht mehr nur ganz auf Nummer sicher gehe, und es auch mal wagt aus der Reihe zu tanzen, selbst wenn man ihr dies eigentlich nie zutraute. Erzählungen wie diese gehen an Herz und Niere gleichermaßen. Und lassen den Hörer auch mal über sein eigenes Handeln reflektieren.

In der semi-elegischen Fabel "Warrior" verbeugt sich Marling vor dem großen Nick Drake: Ihre gewisperten Worte dringen direkt ins Mark, das Gitarrenpicking ist nervös und geladen, wodurch eine wahnsinnige Spannung entsteht, die den äußerst starken Opener leichtfüßig über seine fünf Minuten Spielzeit trägt. Anschließend erklingt mit "False hope" kraftvoller Indie-Rock, den man sonst so formvollendet allerhöchstens von Polly Jean Harvey aufgetischt bekommt. Das in diesem Stück beschriebene Szenario ist finster: Die eigenen Gedanken kreisen immer schneller und wirrer um die inneren Dämonen und einen externen Ausweg gibt es auch nicht, schließlich tobt draußen ein unerbittlicher Sturm, der die gesamte Elekritizität der Stadt killt und auch einen erholsamen Spaziergang an der frischen Luft unmöglich macht. Doch bei Marling klingt eine solche Geschichte nie wie eine sinistre Albtraumsequenz, immer scheint noch ein wenig erhellendes Mondlicht durch die dichte Wolkendecke einer graphitschwarzen Nacht. Darunter sitzt vielleicht das einsame Mädchen und schreibt ihre Lieder.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Warrior
  • False hope
  • Walk alone
  • How can I

Tracklist

  1. Warrior
  2. False hope
  3. I feel your love
  4. Walk alone
  5. Strange
  6. Don't let me bring you down
  7. Easy
  8. Gurdjieff's daughter
  9. Divine
  10. How can I
  11. Howl at the moon
  12. Short movie
  13. Worship me
Gesamtspielzeit: 50:01 min

Im Forum kommentieren

Leatherface

2015-05-31 12:36:30

Gibt es eine abschließende Bewertung?

Eine abschließende Wertung...hmm...ich würde das Album qualitativ im Mittelfeld ihrer Diskographie ansiedeln (was immer noch extrem gut ist). Es erreicht nicht die Geschlossenheit und Intensität von "Once I Was An Eagle" und funktioniert eher als lose Songsammlung. Ich weiß hingegen die Weite und Luftigkeit der Songs zu schätzen. Das ist ein Album, um mit heruntergekurbelten Fenstern über endlose und einsame amerikanische Landstraßen zu brausen.

Rote Arme Fraktion

2015-05-31 11:20:03

@Leatherface

Gibt es eine abschließende Bewertung?

Höre es gerade über spotify - sehr angenehm bis dato.

Herr

2015-05-30 15:16:02

Diese Art zu singen, immer knapp am Sprechgesang, ist in der Tat sehr spannend. Selten habe ich beim Musikhören dem Gesang bewusst so genau zugehört.

saihttam

2015-05-30 02:08:53

schönes Album! Manche Songs sind sich vielleicht ein bisschen zu ähnlich, aber insgesamt ist das schon eine runde Sache. Ich mag auch ihren Singstil, diesen erzählerischen Sprechgesang.

Desare Nezitic

2015-04-03 11:37:48

Nach den ersten Durchgängen bin ich auf einer knappen 7/10. Das Album ist zudem zugänglicher als der Vorgänger.

Mal sehen, was sich heute und morgen noch entwickelt.

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