Egotronic - Egotronic, c'est moi!
Audiolith / Broken SilenceVÖ: 17.04.2015
Der grobe Unterschied
Eine Werkschau nach fast zehn Jahren – kann man mal machen. Oder doch nicht? Womit wir nach eingehender Betrachtung des Covers, auf dem die vier Berliner um Torsun Burkhardt nicht nur in Louis-XIV-Fummel, sondern auch mit Smartphone und Anarchisten-Eichhörnchen posieren, schon bei der Frage wären: Wie soll man "Egotronic, c'est moi!" überhaupt einordnen? Eine Best-Of oder eine bloße Compilation ist's ja nicht, zumal Burkhardt und Kollegen auf Wunsch von Audiolith-Chef Lars Lewerenz für die Aufnahmen eigens ins britische Seebad Brighton gereist sind, von einem regulären Studioalbum mag man angesichts der hier versammelten zwölf ausnahmslos bekannten Stücke aber auch nicht so richtig sprechen. Doch zum Glück gibt es Wichtigeres als solche kleingeistigen Kategorisierungen. Und das hat vor allem sechs Saiten.
Zugegeben: Allzu unerhört klingt die Prämisse "Elektro-Punkband spielt ihre größten Kracher unter verstärktem Einsatz von Gitarren neu ein" auf Anhieb nicht, und Tasten-Puristen könnten sogar etwas von einer unzulässigen Quadratur des Schaltkreises faseln. Trotzdem: Zwölf gute Songs bleiben zwölf gute Songs, und die hatten Egotronic auch zu der Zeit im Übermaß, als sie übertriebenes Nationalbewusstsein und Diskriminierung aller Art noch mittels analog sprotzender 8-Bit-Sounds in den Allerwertesten traten. Und da eine derartige Positionierung auch 2015 Not tut, kann es nichts schaden, dem eigenen Anliegen noch einmal mit weit aufgedrehter Riff-Heizung Nachdruck zu verleihen. Entsprechend lässt Burkhardt eingangs direkt wissen: "Frieden mit Deutschland haben wir immer noch nicht gemacht." Wäre ja auch noch schöner.
Je älter die Originalaufnahme, desto gröber fällt dabei der Unterschied aus – folgerichtig setzt sich die Hälfte von "Egotronic, c'est moi!" aus Stücken des 2006er Debüts "Die richtige Einstellung" zusammen, das seinerzeit als musikalisches Pendant zu vorsintflutlichen C64-Klötzchengrafiken fungierte. Nur dass der einst minimalistische Klopfer "Maybe someday" akuten Beziehungsschmerz hier mit massiver Punkrock-Wucht verhandelt und die ungehobelte Rechtsruck-Warnung "Exportschlager Leitkultur" keinen verrauschten Flexi-Pop, sondern einen donnernden Basslauf vor sich herjagt. Das einstige Titelstück dagegen mausert sich beinahe zum lupenreinen Popsong über die Freuden der Faulheit und kontrastiert eine daddelige Zwei-Finger-Melodie mit satten Live-Drums – ähnlich wie die Gentrifizierungs-Schelte "Berlin calling".
Material jüngeren Datums bearbeitet das Quartett zwar eher mit Blick auf die Feinheiten, statt es komplett umzukrempeln – was aber nicht weniger Laune macht. Zur angespitzten Version des Clubhits "Raven gegen Deutschland" hüpft die Meute gleich noch ein Stückchen höher, "Was soll's" paukt das Wissen um das eigene Verfallsdatum zu launigem Gejohle so temporeich wie vorlaut durch, und das an Extrabreits "Polizisten" angelehnte Riffing des Brechers "Toleranz" haut all jenen krachend eine runter, die tatsächlich meinen, sie müssten immer noch Fremdenfeindlichkeit, Sexismus und andere Geisteskrankheiten ausdiskutieren, obwohl es da nicht das Geringste zu diskutieren gibt. Punk sei also Dank für ein extrem kurzweiliges Album voller wohldosierter Power – und der Applaus für Egotronic ist sicher, nicht jedoch für Scheiße oder gar Nazis. Was ja ohnehin das gleiche ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Was soll's (feat. Rüde & Yari)
- Die richtige Einstellung
- Raven gegen Deutschland
- Toleranz
Tracklist
- Was soll's (feat. Rüde & Yari)
- Maybe someday
- Rannte der Sonne hinterher
- Die richtige Einstellung
- Berlin calling
- Raven gegen Deutschland
- Toleranz
- Exportschlager Leitkultur
- Möllewahn
- Die Partei hat immer Recht
- Von nichts gewusst
- Pilze
Im Forum kommentieren
Warum wird
2015-04-19 11:43:44
Solche Deutschenfeindliche Musik nicht verboten!!!!! Müllband! Ich höre Frei.Wild ob ihr wollt oder nicht
Desare Nezitic (unangemeldet)
2015-04-16 20:28:31
PS: Ich kaufe ein "das".
Desare Nezitic (unangemeldet)
2015-04-16 20:27:43
Also angepunkte "Berlin Calling" ist ultralahm.
Die "Such a Shame"-Parodie ist aber gut geraten, wobei Torsun stark so ausschaut als würde er es nicht mehr lange machen :(
Egotronic
2015-04-16 01:09:38
Bands wie die antideutschen Egotronic und die Antilopen-Gang sind notwendig.
Steev Mikki
2015-04-15 23:31:33
Lasst Flaubert in Ruhe!
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