Lord Huron - Strange trails

PIAS / Rough Trade
VÖ: 03.04.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Die aus dem Wald kamen

Jeanshemden, Mondschein und Nassplattenfotos von bärtigen Gesetzlosen, das sind die ersten Assoziationen, die sich bei "Strange trails" aufdrängen. Lord Huron springen damit auf den gleichen – natürlich dampfbetriebenen – Zug auf, in dem bereits Bon Iver, Father John Misty und die anderen Indie-Waldschrate sitzen, sich ihr üppiges Gesichtshaar kraulen und über ihre eigene Verletzlichkeit sinnieren.

Schon beim Opener "Love like ghosts" mit knarzender E-Gitarre möchte man sich umgehend an das nächstgelegene Lagerfeuer kuscheln, während Sänger Ben Schneider säuselt: "Yes I know love's like ghosts / O few have seen it but everybody talks." Das Knistern hält auch die nächsten Titel an, mehrstimmige Chöre und ausufernde Synthie-Klänge jagen einem eine wohlige Gänsehaut über den Rücken und erinnern dabei an Fleetwood Mac und Radical Face. Dabei verpassen es die vier Kalifornier aber nicht, neben der Gefühlsduselei das Feuer auch mal mit Uptempo-Nummern wie "Hurricane" oder "Until the night turns" zu schüren. Ein Ausreißer ist "The world ender", bei dem sich Schneider und Co. die Stetsons aufsetzen und mit Bonanza-Rhythmus, Jodelgesang und Chris Isaak-Gedächtnis-Tremolo eine coltschwingende Westernklamotte liefern. "They took my life but it isn't the end / They put me in the ground but I'm back from the dead", singt das lyrische Ich aus der Unterwelt.

Ja, es geistert und gespenstert ordentlich auf "Strange trails", Titel wie "The yawning grave" und "Dead man's hand" erinnern an Edgar Allen Poes Gruselgeschichten. Überhaupt spielen die Kernmotive der amerikanischen Romantik, Tod, Einsamkeit und natürlich die wilde Natur die lyrische Hauptrolle. Wälder, Seen und Prärien, die unendliche Weite des amerikanischen Kontinents spiegeln sich in den exzessiven Halleffekten und üppigen Arrangements wider. Dem Bluegrass haben sich die vier besonders bei "La belle fleur sauvage" und "Way out there" verschrieben. An der ein oder anderen Stelle meint es Schneider mit seinem knödeligen Country-Gesang dann auch ein bisschen zu gut, wie auf "Frozen pines", was aber angesichts der ansonsten gelungenen Produktion zu verschmerzen ist.

Wer handgehauenen Bombast-Folk schätzt, folgt Schneiders Aufforderung "meet me in the woods" nur zu gern und schwingt sich auf das Trittbrett zur schaurig-schönen Fahrt durch das Americana-Unterholz. Urbanen Nicht-Holzfällern und Fans der gepflegten Nassrasur kommt "Strange trails" vermutlich zu rustikal und zu wenig experimentierfreudig daher – aber die können ja jederzeit aussteigen.

(Martina Bähring)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Meet me in the woods
  • The world ender
  • Fool for love

Tracklist

  1. Love like ghosts
  2. Until the night turns
  3. Dead man's hand
  4. Hurricane
  5. La belle fleur sauvage
  6. Fool for love
  7. The world ender
  8. Meet me in the woods
  9. The yawning grave
  10. Frozen pines
  11. Cursed
  12. Way out there
  13. Louisa
  14. The night we met
Gesamtspielzeit: 53:24 min

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eric

2015-04-02 12:03:03

In der Tat ein schönes Album und auch nicht zu "gniedelig-waldschratig". :)

Armin

2015-04-01 19:46:38

Frisch rezensiert! Meinungen?

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