
The Cribs - For all my sisters
SonyVÖ: 20.03.2015
Auf Schnitt und Tritt
Wenn Menschen sich offensichtlich langweilen, zeigt sich das direkte Umfeld meist nicht gerade amüsiert – ganz gleich, ob auf der Arbeit oder zuhause. Für andere wiederum kann ein solcher Umstand ein wahrer Glücksfall sein. Modest Mouse zum Beispiel freuten sich, als Ex-The-Smiths-Gitarrist Johnny Marr ihnen im Jahr 2006 auf die Pelle rückte, um mit auf Tour zu gehen und dieses "We were dead before the ship even sank" mit ihnen aufzunehmen. Weil auch Mr. Marr Spaß hatte und er im Gegensatz zum alten Weggefährten Morrissey sowieso nicht der Typ für zeitfüllende Hauptrollen in medialen Skandalen zu sein scheint, profitierten dann auch The Cribs von Marrs musikalischem Gastspiel-Drang: "Ignore the ignorant" war Resultat dieser Kollaboration – neben "Men's needs, women's needs, whatever" bis heute der wohl Hit-trächtigste Wurf der Indierocker aus Wakefield, UK.
Ihre sechste Platte "For all my sisters" heult dieser Zeit nicht hinterher, ist sie schließlich schon das zweite Longplayer-Projekt der drei Engländer nach der Marr-Ära. Und für knarzige Hits sind The Cribs schließlich schon immer Spezialisten gewesen, das belegten damals Tanzflächen-Schrubber wie "Martell", "Hey scensters!" oder "Moving pictures", und das zeigen die Gebrüder Jarman auch heute. Dem Auftakt namens "Finally free" verpassen sie eine dermaßen penetrant-gute Gitarre, die sich zwar von den Drums zur Seite prügeln lässt, aber dennoch nicht aus dem Song, geschweige denn aus dem Ohr. Was außerdem an die "The new fellas"-Zeit erinnert , ist neben The-Cribs-typischem Gitarrenspiel und Ryan Jarmans abwegig-nölendem Gesang auch die Produktion: Ric Ocasek, ehemaliger Kopf von The Cars, verleiht dieser Platte ein paar Pinselstriche des rohen Anstrichs vergangener Tage. Das tut "City storms" oder "Diamond girl", ansonsten beides eher hamlos-sommerliche Popsongs, hörbar gut.
Trotz des Garagen-Klangs öffnen sich The Cribs musikalisch eher der zurückgelehnteren Hemisphäre. Das kann gut fuktionieren, wie beim vorab bekannten "An ivory hand", das ziemlich in Richtung 90er-Jahre-College-Rock schielt und dabei unter anderem bei Weezer anklingelt. "Different angle" oder "Mr. wrong" hingegen ermuntern eher zum Gähnen. Statt ruppiger Gitarren dominieren Tanzbeat und Chöre. Das klingt dann leider manchmal, als wäre hier eine The-Kooks-Coverband am Werk. Das Gespür für feine Melodien haben The Cribs natürlich dennoch nicht verloren: "Pacific time" oder "Burning for no one" machen ordentlich Spaß und halten dieses Album letztendlich knapp über dem Prädikat "Durchschnitt". Einen radikalen Schnitt zu verlangen wäre wohl übertrieben, aber ein Schritt nach vorne von der Stelle, auf der The Cribs seit längerem treten, wäre der Band mal wieder zu wünschen. Wie der gelingen könnte? Vielleicht hat Johnny Marr ja bald mal wieder nix zu tun.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Finally free
- Burning for no one
- An ivory hand
Tracklist
- Finally free
- Different angle
- Burning for no one
- Mr. wrong
- An ivory hand
- Simple story
- City storms
- Pacific time
- Summer of chances
- Diamond girl
- Spring on Broadway
- Pink snow
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Gordon Fraser
2015-04-02 18:42:54
Sieht gleich viel besser aus. :) Auch wenn ich "Ignore The Ignorant" - Marr hin oder her - eher harmlos fand.
eric
2015-04-02 11:12:03
Danke für den Hinweis, ist korrigiert. Die beiden Alben (und diese drei Jahre) müssen sich beim Schreiben irgendwie vermischt haben. Fand ich übrigens beide stark und besser als die vergebenen 5/10 bzw. 6/10.
Gordon Fraser
2015-04-01 19:18:04
Ohje. Die Rezension sollte man nochmal überdenken - Johnny Marr hatte mit "Men's Needs..." NIX am Hut, nur beim Nachfolger "Ignore The Ignorant" war er dabei. Insofern sind die ganze Pointe des ersten Absatzes und die Schlussfolgerungen hinfällig...
Gordon Fraser
2015-01-19 17:51:42
Die letzten Alben haben hier ja kaum noch jemanden interessiert, während sie in UK immer größer geworden sind. Album No. 6 steht an:
VÖ 23.03.
'Finally Free'
'Different Angle'
'Burning For No One'
'Mr. Wrong'
'An Ivory hand'
'Simple Story'
'City Storms'
'Pacific Time'
'Summer Of Chances
'Diamond Girl'
'Spring On Broadway'
'Pink Snow'
"An Ivory Hand" kann man sich schon anhören. Überzeugt mich nicht so wirklich, der Song kommt irgendwie nie so richtig vom Fleck. Mal schauen.
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