The Prodigy - The day is my enemy
Vertigo / UniversalVÖ: 27.03.2015
Lass' brennen, Baby!
Himmelherrgott, braucht es die noch? Die Frage werden sich viele stellen. Nach dem bisslosen, aber stark unterschätzten "Always outnumbered, never outgunned" schien die Luft bei The Prodigy raus. Was rockten sie unsere Ärsche dafür mit "Invaders must die"? Es gab kein "Jericho", kein "Voodoo people", kein "Poison", kein "Breathe" und keinen Überklassiker wie "Smack my bitch up". Dafür ging es mit der Faust zwischen "Baby's got a temper" und "Spitfire" durch dicke Tech'n'Bass-Wände, bis die verdammten Wolken wieder lila waren. "Baby's got a temper" ist sowieso viel besser als sein Ruf und "Spitfire" war das "Firestarter" der frühen 00er Jahre. Mit "The day is my enemy" geht es wieder dorthin, wo Liam Howlett und Co. immer schon am besten waren: in verrauchte Clubs.
Gewiss ist "The day is my enemy" kein Intelligenzbrocken. Wer will denn bitteschön auch mit dem Kopf durch Massivstahl preschen und dabei wirken wie Adorno? Schon der Titeltrack setzt mit wuchtigen Toms ein, die klingen, als seien sie direkt aus Brad Fiedels "Terminator"-Soundtrack herausgestückelt. Der Beat wird komplexer und es folgt ein Durchschlag, der die Kimme flattern macht. Der Lautstärkepegel drischt empor und kickt dermaßen, dass der Orientierungssinn kurzzeitig versagt. Pure Katharsis im hedonistischen Akt. Es lärmt zu viel um Nichts, das aber massiv. Und genau dieses Nichts ist es, was The Prodigy seit jeher auszeichnet: die Kunst nach mehr zu klingen, als eigentlich vorhanden ist. Den Kopf auszuschalten und die Hölle loszubrechen. Den Autopilotmodus der sozialen Zwänge, in denen wir alle stecken, durch vollkommene Sinnlichkeit zu ersetzen. Sich immer klar machen, dass mit Benzin übergossen und angezündet werden doch geil sein kann (natürlich metaphorisch gesprochen).
The Prodigy walzen auf ihrem Weg alles nieder. Wenn Briten-Derwisch Keith Flint in "Nasty" sein genöltes "Nasty, nasty" mit unverständlichen Satzfetzen grölt, bei denen vielleicht noch "Deep down" hängen bleibt, dann ist das in dem Moment das exakt einzige, was man hören möchte. Und man glaubt ihm! Feist werden Fausttänze aufgeführt zu gepitchtem Soundstroboskop oder anachronistische 1990er Videospiel-Klanguniversen einer vergangenen 8bit-Welt aufgetürmt in "Ibiza", bei dem Sleaford Mods noch einmal auf die Kacke hauen können. Spätestens mit "Destroy" und dem genial-eingängigen "Wild frontier" brennt wieder fast das alte Feuer wie bei "The fat of the land". Das ist es, was Howlett wohl im Sinn gehabt hat. Scheißt auf die Zeit, im Club herrscht nur der Augenblick. Da ist es egal, ob 1997 oder 2015 über dem Kalender steht.
The Prodigy sind seit jeher beserkernder Grobianismus für Grobmotoriker auf höchstem Level. Und damit jeder Begriffsstutzige es wirklich kapiert: Es gibt wieder kein "Jericho", kein "Voodoo people", kein "Poison", kein "Breathe" und keinen Überklassiker wie "Smack my bitch up". Aber "The day is my enemy" ist mehr als verflucht nah dran. Dieses Album ist die lang ersehnte Adrenalinspritze für unsere Tanzschuppen, genau das, was die Dancefloors dieser Welt benötigen. Um abschließend die eingangs gestellte Frage ein für allemal zu beantworten: ja! Wir brauchen The Prodigy mehr denn je.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The day is my enemy
- Ibiza
- Destroy
Tracklist
- The day is my enemy
- Nasty
- Rebel radio
- Ibiza
- Destroy
- Wild frontier
- Rok-Weiler
- Beyond the deathray
- Rhythm bomb
- Roadblox
- Get your fight on
- Medicine
- Invisible sun
- Wall of death
- Rise of the eagles
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@machina
2015-04-08 13:28:17
na komm schon...the prodigy sind immer noch tausendmal besser als scooter!
Demon Cleaner
2015-04-08 09:39:24
Ich kann mir vorstellen, welche du meinst...die sind aber fast alle über 10 Jahre her. Selbst Oasis/Noel kriegen ja mittlerweile über 5 Punkte. :-)
The MACHINA of God
2015-04-08 09:37:43
Ich les die Seite wohl zu selten. kann mich da nur an schlimme Fehlgriffe erinnern.
Demon Cleaner
2015-04-08 09:24:21
unterdurchschnittliche Wertungen für so manch tolles Album
...hab ich jetzt auf PF in letzter Zeit aber auch nicht gelesen. Da ist seit geraumer Zeit eher eine Wertungsinflation das Problem.
The MACHINA of God
2015-04-07 18:56:05
6.0 für das Prollgebummse und dann unterdurchschnittliche Wertungen für so manch tolles Album.
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