Marina & The Diamonds - Froot

Warner
VÖ: 13.03.2015
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Kräfteverzehr

Wer erwartet eigentlich genau was von Marina & The Diamonds? Wie sieht Marina Lambrini Diamandis' Anspruch an ihre "Band" aus? Und warum treffen sich die Ansichten nur so selten in der Mitte? Ihr drittes Album "Froot" bietet längst nicht alle Antworten, wirft jedoch neue Fragen auf. Man wird sich allerdings hoffentlich schnell darauf einigen können, dass knallbunter Bubblegum-Pop nicht dem externen Optimalbild von Marina & The Diamondis entspricht und sie nicht in einem Atemzug mit Ke$ha genannt gehört. Insofern erfreut die Nachricht, dass Electra Heart tot ist. Die künstliche Figur, geschaffen für ihr zweites gleichnamiges Album, tauchte mit namhafter Songwriter- und Produzentenriege tief in die Gepflogenheiten massenkompatibler Werke ein, stieg geschminkt empor und verlor an Kontur.

Diamandis selbst sagt, sie sei dankbar für die Erfahrung und Möglichkeiten, die sich ihr dadurch boten, immerhin schlich "Primadonna" auch durch diverse Chart-Regionen. Nur weitermachen, so viel stand schnell fest, wollte sie an dieser Stelle nicht. Und "Froot" könnte kaum konträrer und verheißungsvoller starten. Die Pianoballade "Happy" dient gar als Antonym zu Pharrell Williams' größtem Hit, zeigt sie die griechisch-walisische Sängerin doch konkludierend mit Trauerkloß im Hals, auch wenn die Botschaft "Finally I've found a way to be happy" lautet und der Vintage-Wind einer Lana Del Rey nicht mehr weit entfernt ist.

Der Titelsong löst die Nackenstarre umgehend auf. In fünfeinhalb Minuten klebt die 29-Jährige mit Wrigley's Extra Computerspiel-Ästhetik und das modulierte 70s-Flair ausgeschüttelter Chic-Gitarren zusammen. Vielleicht etwas lang, taugt aber allemal als pompöser Bruder des luftigen wie new-wavigen "I'm a ruin": "You still mean everything to me but I wanna be free." Marina & The Diamonds beweisen, dass es nicht poltern und rumpeln muss, um das Etikett Pop eindrucksvoll zu vitalisieren. So kaschieren auch das eingängig trabende "Blue" und die Kim-Wilde-Reduktion "Forget" durch echte Drums noch halbwegs gelungen eigentlich eher konventionelle Songs.

Die Nummern auf "Froot" lassen Raum in ihren Kompositionen, was ihnen mitunter sehr gut tut, gerade ab der Mitte der Platte wirkt das aber oft nur träge und schlaff. "Blue" und "Forget" schlingern bereits dieser Grenze entgegen, die Mambo-Kurt-Fingerübung "Gold" hält diese Balance schon nicht mehr und wäre 2014 von La Roux stimmiger inszeniert worden. Die gedeckelten Gitarren von "Weeds" sind kraftlos, und auch "Solitaire" kommt über den ungewollten Status einer Demo-Version nicht so recht hinaus. Wären da nicht "Better than that", eine imaginäre Light-Variante eines Songs von Astrid Swan & The Drunk Lovers, und mit Abstrichen das leicht verschleppte, balladeske Finale "Immortal", würde "Froot" über weite Strecken schlicht an Langeweile leiden. Da war mehr drin.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Happy
  • Froot
  • I'm a ruin

Tracklist

  1. Happy
  2. Froot
  3. I'm a ruin
  4. Blue
  5. Forget
  6. Gold
  7. Can't pin me down
  8. Solitaire
  9. Better than that
  10. Weeds
  11. Savages
  12. Immortal
Gesamtspielzeit: 54:12 min

Im Forum kommentieren

Pepe

2015-04-17 15:33:11

7.5 von Pitchfork - finde ich durchaus überraschend.

Ne, finde ich nicht überraschend - wird nämlich mehrheitlich im englischsprachigen Raum so gesehen: http://www.metacritic.com/music/froot/marina-and-the-diamonds

Für mich ist es auch eine 7/10.

Demon Cleaner

2015-04-17 09:15:31

7.5 von Pitchfork - finde ich durchaus überraschend.

planetentapeten

2015-03-19 16:33:09

@Stephan
dass Du für alle drei Besprechungen zuständig warst, habe ich nicht gewusst. Ich habe gar nicht geschaut, wer der Punkteverweigerer war. Allerdings ging ich absolut davon aus, dass die einzelnen Werke der Künstler jeweils von verschiedenen Rezensenten besprochen werden.
Ich würde mich hiermit anbieten, alle zukünftigen Alben von Marina zu besprechen;-)

Demon Cleaner

2015-03-19 08:27:21

Bei "Electra Heart" höre ich größtenteils Standardware, bei der die Frische von "The Family Jewels" fast ganz verschwunden war. Gerade "Radioactive" finde ich öde (das war zum Glück ja nicht auf dem regulären Album).

"Froot" ist schon ein Sprung nach vorne wieder, es hätte nur etwas lebhafter und weniger gleichförmig sein können.

@Stephan:

Wie man bei "The Family Jewels" je eine 5/10 hören konnte, entzieht sich meinem Verständnis. ;-)

Malte

2015-03-19 08:22:14

Häufiger und intensiver hören, das kann die Lösung sein. Bei den ersten Durchläufen war ich auch zum Teil einigermaßen gelangweilt, mittlerweile wächst und wächst die Scheibe aber stetig und ist inzwischen locker bei einer 7/10 angekommen. Ich bin froh, dass Froot kein zweites Family Jewels oder Electra Heart geworden ist, sondern dass es musikalisch wieder eine andere Richtung einschlägt. Wenn ich mit ansehen muss, wie Kelly Clarkson eine 4/10 erreicht, kann eine 5/10 eigentlich nur ein schlechter Scherz sein.

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