Liars - They threw us all in a trench and stuck a monument on top
Blast First / Mute / Labels / Virgin / EMIVÖ: 19.08.2002
Bevor Eiskrem
Lügner, lauter Lügner. Leugnen, daß sie ebenso gut nette Songs schreiben könnten. Und das mit einer Vehemenz, die sich nur mit dem Selbstbetrug notorischer Betrüger in Einklang bringen läßt. Oder, nein, eigentlich nicht, eigentlich ist doch alles anders. Dieses Album ist zu absichtlich kaputt, als daß man behaupten könnte, Liars hätten irgendein Versprechen gegeben und es nicht gehalten. Ganz im Gegenteil. Wenn sie irgendein Versprechen gegeben haben sollten, dann wahrscheinlich das, nichts versprochen zu haben. Mit dem offensichtlichen Vorsatz, dem Hörer klar zu machen, daß er sich auf nichts verlassen sollte. Schon das Cover der in den Staaten eigentlich schon 2001 erschienen Platte gibt in seiner geschmackvoll reduziert gestalteten Weise nichts als Rätsel auf.
Doch das Wort "Hype" paßt zu Liars wie die geballte Faust, welche sie auf das Ohr des wohlmeinenden Hörers losschicken: Gitarren mit Upper-Cut-Melodien, die zwischen melodiösem Sprechen, Singen und Schreien tänzelnde Stimme von Angus Andrew (passend zu den Hieben und Kinnhaken der Texte) und eine Rhythmussektion, deren straighte Beinarbeit sich gewaschen hat. Nur selten bleibt da Zeit zum Ausruhen. Ständig ist Bewegung in den Stücken, auf nichts ist Verlaß. Nicht einmal auf halbwegs verständliche Titel ("Why midnight walked but didn't ring her bell"). Wohl aber auf repetitive Elemente, sowohl im Gesang ("Well, I like, I like, I like, I like ...") als auch in der Melodie. So wie etwa in "We live NE of Compton" zum Beinschwingen ermuntert, ist man jedoch allzu schnell schon wieder auf dem falschen Fuß erwischt. "They threw us all in a trench and stuck a monument on top" bietet keine glatte Produktion mit verträumten Elementen, statt dessen eine Kante nach der anderen, eine schärfer als die nächste. Keine Brüche, sondern ganze Spalten.
Hmm, hatten wir das alles nicht schon mal? Ah ja, Art Punk. Nur, daß das diesmal so gar nicht britisch ist, sondern wie eine verspätete zweite Untermalung des amerikanischten aller depressiven New-Wave-Movies ("Stranger than Paradise" von Jim Jarmusch) anmutet. Da sind die Synthies so dermaßen auf simple rhythmische Wiederholungen gedrillt ("Mr your on fire Mr"), daß man sich eher an Stephan Remmler & Co. denn an Anette Humpe erinnert. Ja, keine Frage, die Achtziger müssen für Liars eine großartige Zeit gewesen sein.
Freilich nicht nur für Liars, denn irgendwie scheint das Revival-Fieber tatsächlich auch die kalten Achtziger wieder zu entdecken. So ist "Mr your on fire Mr" ein gutes Bindeglied zwischen Clinic und Les Savy Fav mit Reminiszenzen an Gang Of Four. "Why midnight walked but didn't ring her bell" könnte sich auch gut auf einem Album von ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead befinden oder als Bauhaus'sches "The three shadows, Part IV" durchgehen. Bemerkens- und dankenswerterweise sind es überwiegend junge amerikanische Bands, die die alten britischen Schläuche mit neuen Gifts anfüllen. Und wie man weiß, können Gifte in geringen Dosen durchaus drogenähnliche Wirkungen entfalten. Fragt sich nur, was das eigentliche Gift ist. "Mr, you're on fire, Mr." - "Yup, but I'm okay."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mr your on fire Mr
- The garden was crowded and outside
- We live NE of Compton
Tracklist
- Grown man don't fall in the river, just like that
- Mr your on fire Mr
- Loose nuts on the veladrome
- The garden was crowded and outside
- Tumbling walls buried me in the debris with ESG
- Nothing is ever lost or can be lost my science friend
- We live NE of Compton
- Why midnight walked but didn't ring her bell
- This dust makes that mud
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