Hurricane Dean - N53° E7°

Believe Digital / Soulfood
VÖ: 13.03.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sturmwarnung

Ostfriesland wird von aufgeräumten Wiesen, gekämmten Hecken und handbemalten Feldern bedeckt. An deren Rändern stehen Kuh-Imitate aus Holz oder erstarrte Einheimische auf Fahrrädern. Je nach Bedarf gesellen sich Baumärkte und Swingerclubs hinzu, von der Invasion der Discounter ganz zu schweigen. Diesen Zustand erträgt ein junger Mensch nur, wenn er auf einen Orkan hofft, der dieser domestizierten Gegend ihr wahres Antlitz zurückgibt. Einige Jungs aus den Weltmetropolen Leer und Papenburg haben ihre Band daher nach einem der ärgsten Wirbelstürme benannt, der die Erde bislang heimgesucht hat. Nun warten sie wohl auf den Dschungeldoktor, der sie ab einem gewissen Bekanntheitsgrad aus ihrem Albtraum befreit.

Nicht, dass Hurricane Dean das nötig hätten. Ihre beiden Singles "Flat random noise" und "Appeal" toben lange genug durchs Netz. Zudem waren sie bereits gern gehörte Gäste bei vielen Campusstationen. Wer aber so viel Wind im Vorfeld eines Debüts produziert, der sollte im Ernstfall dann tatsächlich auf die Tube drücken. Und "N53° E7", benannt nach den Koordinaten eines renommierten Feldweges in den Niederlanden, gibt gleich so unbekümmert Gas, dass der Spaß von ganz alleine folgt.

"Bright Wave" nennt die Band ihren Klang. Ein Vergleich, der passt. "Arsenal of colors" verbindet inmitten einer kessen Bläsersektion zugleich Schwermut und Pathos des New Wave mit der Lebensfreude heutiger Indie-Bands, so wie es die White Lies schon länger versuchen, allerdings viel variabler. "Rosehip" legt noch eine Schippe Bastille-Chöre drauf und ist völlig auf Hit produziert. Natürlich darf die obligatorische Ballade nicht fehlen, doch "Fragrance" mit seiner Shoegaze-Ästhetik und den trippigen Breakbeats im Finale ist weit mehr als nur ein Pausenclown. Weswegen "Porcelain love" im Anschluss förmlich zu tosendem Applaus genötigt wird, dem auch das Madrugada ähnelnde "Prodigal son" nur beipflichten kann.

Allerorten finden sich jedenfalls episch jubilierende Haarspray-Gitarren, zufrieden grummelnde Kreppeisen-Bässe und ganz, ganz viel postmoderner Bewegungsdrang. Vornehmlich fällt allerdings die kraftvolle Stimme Ian Bleekers auf, die hier an Jim Kerr von Simple Minds erinnert, da an Caleb Followill von Kings Of Leon und in manchen Momenten sogar an Jim Morisson von The Doors. Er ist es, der die treibenden Songs zusammenhält und ihnen seine mit großen Gefühlen verzierte Krone aufsetzt. Angesichts der bewiesenen Fähigkeiten von Hurricane Dean sollten die Ostfriesen schon einmal anfangen, ihre porentief reinen Bürgersteige hoch zu klappen. Es könnte bald mächtigen Sturm geben.

(Andreas Knöß)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Rosehip
  • Fragrance
  • Porcelain love

Tracklist

  1. Arsenal of colors
  2. Rosehip
  3. Quit stop
  4. Fragrance
  5. Porcelain love
  6. Lampion
  7. Prodigal son
  8. Doors collide
  9. Kaban
  10. Electrify yourself
  11. Juneau
  12. Snow follows
Gesamtspielzeit: 47:18 min

Im Forum kommentieren

Jackengott

2017-05-26 23:27:22

"Flat random noise" ist ein ganz großer Knaller… Komischerweise hab ich den erst vor 10 Minuten entdeckt.

Jennifer

2015-03-04 22:29:03

Frisch rezensiert. Meinungen?

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