
Twin Peaks - Wild onion
Communion / Caroline / UniversalVÖ: 06.02.2015
Lyncht sie nicht!
Niemand käme auf die tollkühne Idee zu behaupten, Twin Peaks wären auch nur Ansatzweise innovativ. Den vier verstrubelten Jungs aus dem beschaulichen Städtchen Chicago kann man viel vorwerfen, aber eben sicher nicht, dass sie dem Indierock, wie man ihn landauf, landab aus jeder Garage dröhnen hören kann, eine neue Facette hinzufügen. Auch egal, solange es funktioniert und auf ihrem zweiten Album "Wild onion" tut es das problemlos. Ihre Songs atmen nämlich jugendlichen Leichtsinn, riechen nach billigem Bier und schmecken nach den aufgeweichten Cornflakes-Resten, die vom Vortag übrig geblieben sind. Alles in allem also: ziemlich geile Sache.
"Wild onion" lässt vom Start weg nichts anbrennen, denn eine junge, forsche Band wie Twin Peaks geht freilich ohne Umwege ran an den Speck: "I found a new way" sorgt mit seinem zackigen Gitarrenpop für gute Laune und verknotete Beine, am Ende kippt die Stimme von Frontmann Cadien Lake James vor lauter Freude ins Kehlige und macht noch drei Luftsprünge hinterher. Doch Twin Peaks, die sich nach der gleichnamigen Serie von Regie-Genie David Lynch benannt haben, nehmen das Tempo auch mal ein wenig raus und schwelgen in der Vergangenheit: "Mirror of time" ist lässig inszenierter 60s-Poprock mit Rotz in den Nebenhöhlen und Schweiß auf der Stirn, der an die (leider nicht mehr existenten) Girls erinnert.
Über die Distanz von amtlichen 16 Stücken fällt natürlich auch mal der ein oder andere eher belanglose Song ab, aber darüber muss und kann man ja wirklich hinwegschauen. Denn für jede verzichtbare Nummer haben Twin Peaks mindestens zwei schmissige Indierock-Schnittchen im Köcher, die auf jeder Grillparty zwischen Knoblauchbaguette und verkohlten Maiskolben für gute Stimmung sorgen dürften. Mit dem unbedarften, aber herrlich entspannten "Making breakfast" können sie dann wohl auch dem schlechtgelauntesten Miesepeter ein Lächeln aufs faltige Gesicht zaubern.
Am besten sind Twin Peaks meist genau dann, wenn sie sich nicht zu sehr auf ihre pure Dynamik verlassen, sondern auch mit den Stimmungen spielen, wenn also auch mal ein wenig juvenile Melancholie die Farbpalette um dunkle Blautöne erweitert, so wie im tollen "Sweet thing". Wer also im heimischen Plattenschrank noch ein Plätzchen für unkomplizierten Gitarrenrock mit zartem Bartflaum und Kippe im Mundwinkel frei hat, könnte an Twin Peaks, der Band, Gefallen finden. Für Freunde von "Twin Peaks", der Serie, könnte dieses Album aber vielleicht zu viel der guten Laune sein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I found a new way
- Making breakfast
- Sweet thing
Tracklist
- I found a new way
- Strawberry smoothie
- Mirror of time
- Sloop Jay D
- Making breakfast
- Strange world
- Fade away
- Sweet thing
- Stranger world
- Telephone
- Flavor
- Ordinary people
- Good lovin'
- Hold on
- No way out
- Mind frame
Im Forum kommentieren
Hubsi
2015-12-29 19:18:11
eines meiner lieblingsalben, klasse retrorock mit tollen melodien
Gordon Fraser
2015-01-28 09:32:14
The Orwells als erste Referenz lässt mich hellhörig werden - mal reinhören.
saihttam
2015-01-28 01:16:45
Na dann hol ich das Reinhören vielleicht wirklich mal nach, wenn jetzt sogar ne Empfehlung von dir kommt, Kevin. ;)
Kevin
2015-01-28 01:10:19
Das ist richtig, die Platte wurde letztes Jahr in den USA veröffentlicht, erscheint hierzulande aber erst jetzt.
saihttam
2015-01-28 01:06:39
Ist die Platte nicht eigentlich schon vom letzten Jahr? Kann mich zumindest erinnern, dass ich damals mal reinhören wollte, was ich aber bis heute nicht gemacht habe. Aber schon klar, liegt wahrscheinlich wieder am Deutschlandrelease.
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