Posse - Soft opening
Beating A Dead HorseVÖ: 04.03.2014
Eine Kreuzung, vier Wege
Die meisten Leser können es sich bereits denken, aber es sei an dieser Stelle noch mal erwähnt: Die Plattentests.de-Redaktion ist untereinander eng befreundet. Läuft man auf dem Flur an den Büros vorbei, bleibt man dort auch gern mal den halben Tag stehen, während sich nach und nach die halbe Belegschaft wie eine Traube um die Tür versammelt. Jeden dritten Vollmond-Sonntag trifft man sich im Wechsel bei einem Redakteur zu Hause, es wird gelacht, gequatscht und Pilzrahmsuppe geschlürft. Plattentests.de ist eine große Familie – und wie es in Familien so üblich ist, hilft man sich untereinander auch gern mal aus. Der geschätzte Kollege Holtmann etwa sorgte 2014 gleich doppelt für Begeisterung mit seinem Händchen für empfehlenswerte Alben, die man sonst glatt übersehen hätte: Neben dem hauseigenen Text zu "Cool choices" von S war es vor allem seine Rezension zu dem Posse-Album "Soft opening" für die Freunde von Auftouren, für die hiermit ein ausdrücklicher Dank ausgesprochen sei. Beim nächsten Karaoke-Freitag geht Dein Cuba Libre auf mich, altes Haus.
Denn das zweite Album der Band aus Seattle hat es mit nur wenigen Mitteln geschafft, sich zu einem echten Dauerbrenner zu entwickeln. Vollkommen gelassen und entspannt, aber niemals langweilig geben sich die acht Stücke zwischen Lo-Fi und Indie-Pop, während vor dem inneren Auge Bilder malerischer Landschaften, Ausflüge an den Strand und knisternder Lagerfeuer-Abende in den Bergen vorbeiziehen. Dabei ist nicht jede Botschaft auf "Soft opening" auch gleichzeitig eine positive: Der Opener "Interesting thing no. 2" ist ein großartiger Dialog zweier Mittzwanziger, die einander auf die eigenen Unsicherheiten und Ängste hinweisen. Die Tatsache, dass mit Paul Wittmann-Todd und Sacha Maxim sowohl eine männliche als auch eine weibliche Gesangskomponente hinzugefügt werden, macht den Song nur umso spannender. "Afraid" hingegen verfolgt ein mittlerweile längst bekanntes, und doch nie einfacher gewordenes Thema: Der Abschluss einer alten Beziehung und der Beginn von etwas Neuem klang noch nie so gleichermaßen unaufgeregt wie angespannt, die Twang-Gitarre erinnert an Real Estate, Wittmann-Todds Gesang hingegen fast ein bisschen an Thurston Moore.
"Maybe I should try to adapt / Maybe I could be a bit more careful / Instead of always throwing myself head first into unfortunate crap", heißt es im selbstreflektierenden "Cassandra B.", ein Gefühl, das wohl jeder im Laufe des endgültigen Erwachsenwerdens nachvollziehen kann. Hatte man eben noch geglaubt, über alles Bescheid zu wissen, wird schlagartig klar, dass man keine Ahnung hat, ob es an der nächsten Kreuzung des Lebens nach links oder rechts geht. Da wirkt die vermeintlich gegensätzliche Reihenfolge der beiden schwermütig-düsteren Songs "Talk" und "Shut up" kaum wie ein Zufall, und auch das Element einer zwischenmenschlichen Beziehung findet durch den jeweils weiblichen und männlichen Gesang erneut statt. Ein letztes großes Highlight heben sich Posse jedoch für den Schluss auf: Das Ende mit dem sechseinhalbminütigen "Zone" hätte kaum passender sein können nach einem Album voller Fragezeichen, da es der vertonte Punkt schlechthin ist, die eine Aussage, die man vielfältig auslegen und doch nie missverstehen kann: "Don't fuck it up." An dieser Kreuzung kann es für Posse nur noch geradeaus gehen, nicht nach links, rechts und auf keinen Fall zurück.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Interesting thing no. 2
- Afraid
- Zone
Tracklist
- Interesting thing no. 2
- Afraid
- Talk
- Shut up
- Jon
- 2u
- Cassandra B.
- Zone
Im Forum kommentieren
humbert humbert
2021-01-10 16:02:08
@saihttam
Leider seit einem halben Jahr nicht mehr :´(
In die Band muss ich auch mal wieder reinhören.
saihttam
2020-12-18 13:13:02
Haha, gerade mal hier reingeschaut und im ersten Moment gewundert, warum der Thread zu so einer unbekannten Band doch relativ viele Einträge hat. Dann fiel es mir wieder ein. :D
@humbert humbert
Bist du eigentlich immer noch in Mexiko?
saihttam
2017-11-14 01:51:50
Auf bandcamp gibts ein neues Album for free. Das ist sehr schön. Pitchie schreibt dazu noch irgendwie, dass es ihr letzter Release sein soll. Das wiederum wäre gar nicht schön.
saihttam
2016-08-04 23:35:22
Coole Sache mit der 7-inch! Höre gerade mal rein.
Und Leute, nehmts mir nicht übel. Es ist ja auch mal ganz cool persönlichere Dinge über die User hier zu lesen. Man muss es nur nicht übertreiben. Vielleicht kann man für sowas ja auch mal eigene Threads eröffnen.
humbert humbert
2016-08-04 21:41:14
Ah okay, werde mal reinhören.
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