Antony & The Johnsons - Turning

Rough Trade / Beggars / Indigo
VÖ: 07.11.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Im Augenblick des Durchblicks

Ob er es wusste, oder zumindest erahnte? Als Antony Hegarty 2006 durch Europa tourte und sich dabei von dem Video-Artist Charles Atlas begleiten ließ, um an einem gemeinsamen Kunstprojekt zu arbeiten, hatte er sich die Zukunft womöglich anders vorgestellt. Im Londoner Barbican Centre schließlich wurde jene Performance aufgezeichnet, die zu dem Film "Turning" verarbeitet wurde. Antony & The Johnsons waren nicht alleine auf der Bühne: Zu ihnen gesellten sich 13 Models, darunter burschikose Lesbierinnen, Transsexuelle und androgyne Damen, deren verschiedenste Körperteile und Gesichter von Atlas live auf große Leinwände projiziert wurden. Die kunstvolle Ästhetik entstand dabei durch das Gesamtwerk, nicht durch die einzelnen Teile.

Acht Jahre sollte es dauern, bis "Turning" für die breite Masse öffentlich gemacht wurde. Viel hat sich seitdem geändert, könnte man jedenfalls annehmen. Das große Tabuthema, das Homo- und Transsexualität einst noch waren, sind sie in dieser Form nicht mehr. Aber ganz frei von Vorurteilen leider eben auch noch nicht, auch wenn sich mittlerweile ehemalige Profi-Fußballer und CEOs großer Obstfirmen ohne Probleme zu ihrem Schwulsein bekennen können. So verzeiht man Hegarty auch, dass es mit "Turning" bereits das zweite Livealbum nach dem letzten Studiowerk gibt: Auf "Swanlights" von 2010 folgte zwei Jahre später "Cut the world" – "Turning" ist trotzdem in seiner Besonderheit einzigartig.

Von Hegartys musikalischer Qualität braucht man da natürlich gar nicht erst anfangen: Dessen glasklare Chorknaben-Stimme ist auch hier gleichermaßen zerbrechlich wie stark, emotional wie eh und je, durchdringend und doch sanft. Die orchestrale Untermalung verspielterer Stücke wie "Bird gerhl" oder "Twilight" kommt einem epischen Bühnenstück gleich, Klassiker wie "For today I am a boy" und "You are my sister" rühren auch beim hundertsten Durchgang noch zu Tränen. Mit "I fell in love with a dead boy" gibt es obendrauf wohl eine der wunderbarsten Darbietungen des Stücks überhaupt, während "Spiralling" live minimal mehr Pomp auffährt, als man von der Studioversion gewohnt war.

Auf der DVD, die es im Paket obendrauf gibt, überfährt die Macher stellenweise der eigene künstlerische Anspruch. Im Film wechseln sich Konzertausschnitte mit Interviews der Models ab, zwischendurch gibt es immer wieder Hegarty und Backstage-Material der Tour zu sehen. Das starke Grundkonzept, das auf der Audio-CD präsentiert wird, gerät hier ab und an ins Wanken – dafür fehlt dem durchaus gelungenen Hörerlebnis natürlich die absolut prächtige visuelle Präsentation von Atlas. CD und DVD im Einzelnen funktioneren also etwas weniger gut, als sie es im Gesamtwerk tun, wie auch die Montagen der Models beim eigentlichen Auftritt als großes Ganzes viel mehr, viel deutlicher, viel nachhaltiger wirken. Um diese Tatsache zu durchschauen, muss man sich beiden Herausforderungen stellen – und genau das ist dann wohl die Kunst.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • For today I am a boy
  • I fell in love with a dead boy
  • Bird gerhl
  • You are my sister

Tracklist

  • CD 1
    1. Everything is new
    2. My lord my love
    3. Cripple and the starfish
    4. For today I am a boy
    5. Where is my power?
    6. Spiralling
    7. Find the rhythm of your love
    8. I fell in love with a dead boy
    9. Bird gerhl
    10. Kiss my name
    11. Daylight and the sun
    12. One dove
    13. Hope there's someone
    14. Twilight
    15. You are my sister
    16. Whose are these
    17. Tears tears tears
  • DVD 1
    1. Everything is new
    2. For today I am a boy
    3. Find the rhythm of your love
    4. I fell in love with a dead boy
    5. Bird gerhl
    6. Daylight and the sun
    7. My lord my love
    8. Cripple and the starfish
    9. Kiss my name
    10. Twilight
    11. Spiralling
    12. One dove
    13. Turning (Instrumental)
    14. Hope there's someone
    15. Credits
    16. Outtakes from Turning
    17. You are my sister (Music video)
Gesamtspielzeit: 76:52 min

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Jennifer

2014-12-11 01:03:05

Frisch rezensiert. Meinungen?

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