Billy Talent - Hits

Warner
VÖ: 31.10.2014
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nüchterne Nullrunde

Kurz vor Weihnachten im Jahr 2024: Man stöbert in den Rock-Regalen der Elektromärkte unter "B" und wird womöglich dieses Album mit dem schlichten Titel "Hits" finden – zum kleinen Preis, natürlich. Schnell erinnert man sich wieder: "Klar, Billy Talent, typische Band der Nuller Jahre!" Oder auch: "Boah, was wurde 'Red flag' damals jeden Freitag in der Indiedisko totgedudelt!" Gerade hierzulande ist der Erfolg der Kanadier, die etwa in Amerika eine weitaus geringere Rolle spielen als in Europa oder in ihrer Heimat, recht stark mit diesem Song verbunden. Dabei fing es damit nicht mal an. "Prisoners of today" und "This is how it goes" kursierten im Dezember 2002 in Demo-Versionen im Netz und machten dort recht schnell die Runde. Als Appetit-Happen wirkten sie nachhaltig und machten Vorfreude auf die selbstbetitelte Initialzündung, die ein paar Monate später jegliche Kosmetik-Stäbchen zur Säuberung der Lauscher überflüssig lassen werden sollte. Doch was genau war eigentlich so besonders an diesen energisch-schäumenden, beinahe ADHS-infizierten Rocksongs, früher wie heute flankiert von Billy-Talent-Sänger Ben Kowalewicz' Krächzen und Keifen?

Die Antwort ist einfach: Nichts. Aber – wie einst auch der Plattentests.de-Chef recht treffend festellte: sie rocken. Und wie. Mit "Try honesty" und "River below" würdigt "Hits" zumindest zwei dieser schnörkellosen und hochmelodiösen Nervenbündel aus den Anfangstagen. Klar auch, dass die im kommerziellen Sinne treffend als "Hits" zu bezeichnenden "Devil in a midnight mass" und "Red flag" vom längst mit Platin-Status ausgezeichnenten "II" hier nicht fehlen dürfen. Begleitet werden sie vom eher nervtötenden "Fallen leaves" und dem Jammerlappen "Surrender" – von den beiden mauen Stücken des insgesamt blassen III ganz zu schweigen.

Das bisher letzte, immerhin beachtliche vierte Album "Dead silence"ist wieder mit drei Auskopplungen vertreten – auch das sind nicht unbedingt die besten Songs. Warum bloß? Nun, auch das liegt auf der Hand: "Hits" ist in erster Linie eine recht nüchtern-vorhersehbare, chronologische Zusammenstellung der offizellen Billy-Talent-Singles. Doch damit solch ein eher sachliches Paket einen echten Kaufanreiz bekommt und ausreichend oft unterm Weihnachtsbaum landet, darf der obligatorische neue oder unveröffentlichte Song nicht fehlen. Billy Talent spendieren davon immerhin gleich zwei. Auf den bandtypischen Rocker "Kingdom of Zod" hat die Welt zwar nicht unbedingt gewartet, aber immerhin fällt er nicht negativ auf.

Und wenn das akustisch gehaltene, ebenfalls neue "Chasing the sun" diese Kompilation beschließt, kann wenigstens die gern zitierte Kaiser-Franz-Frage nach dem bevorstehenden Weihnachtsfest mit "Jo, freilich!" beantwortet werden. Produkte wie "Hits" sind weniger Band-Konzept denn schnöde Marktgepflogenheit und schlicht fester Vertragsbestandteil. Ohnehin hat jeder Hörer, von wenigen Ausnahmen abgesehen, andere Highlights, würde lieber diese oder jenen Song für sein Best-of-Tape nehmen. "Hits" lässt, inklusive der eingangs erwähnten Stücke, eben doch Vieles aus der Billy-Talent-Diskographie vermissen. Der Klugscheißer hat's schon lange auf den Lippen: Genau genommen bedeutet "Hits" ja nicht "Best of". Richtig, und vielleicht bekommt dieser mittelprächtige Schnellschuss ja dann vor 2024 im Regal auch nochmal Zuwachs. Fest der Liebe ist ja schließlich jedes Jahr.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Try honesty
  • River below
  • Devil in a midnight mass

Tracklist

  1. Try honesty
  2. River below
  3. Nothing to lose
  4. Devil in a midnight mass
  5. Red flag
  6. Fallen leaves
  7. Surrender
  8. Devil on my shoulder
  9. Rusted from the rain
  10. Viking death march
  11. Surprise surprise
  12. Stand up and run
  13. Kingdom of Zod
  14. Chasing the sun
Gesamtspielzeit: 48:53 min

Im Forum kommentieren

Naja

2014-12-03 15:42:20

Boah, der erste Absatz in der IIIer-Rezi ist ja furioser Somogyi-Irrsinn erster Güte. Damals war er noch als Ghostwriter von Dennis "Visions" Drögemüller unterwegs. Erstaunlich.

Obrac

2014-12-03 15:35:25

"Red Flag" war doch auch einst in den "Besten Songs des Jahres der Redaktion" ziemlich weit oben, wenn ich mich recht erinnere. Unglaublich.

Demon Cleaner

2014-12-03 15:09:54

Aber stimmt, die "III" war ja danach.

Demon Cleaner

2014-12-03 15:09:20

Meinte das Livealbum und die "Dead Silence".

Naja

2014-12-03 15:05:30

Die III hat nur ne V/X.

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