In This Moment - Black widow

Atlantic / Warner
VÖ: 14.11.2014
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Spinnengewirr

"You don't know how hard it is being a woman / How will I ever live up to your expectations of pretty?" fragt Lead-Diva Maria Brink in "Dirty pretty". Diese Frage zieht sich wie der berühmte Ariadnefaden durch das fünfte Album der Kalifornier In This Moment. Auf "Black widow" wird ihr Hardpostnumetalgothiccore weiter perfektioniert und zu einem Genre-Werk ausgereizt, das wütende Eruptionen des Aufbegehrens genauso auffährt wie theatralischen Bombast – dabei aber genug hymnisches Hitpotenzial bietet, um für die Stadien dieser Welt mit opulenten Soundcollagen die ohnehin schon beeindruckende Bühnenperformance dieser Band und allen voran der Ikone Brink zu unterfüttern. Wer diese Band mit ihrer Frontfrau bereits live erleben konnte, weiß zu genau, wovon hier die Rede ist.

Latrodectus mactans, die schwarze Witwe: Ihr wird nachgesagt, dass sie die Männchen nach der Paarung verspeist. Ihr Gift kann tödlich sein. Diese im populären Glauben gefürchtete Webspinne fungiert als Sinnbild, zu dem die Brink buchstäblich transformiert. Als "Black widow" ist sie nicht nur eine "Sex metal barbie", das vollkommene "Bloody creature poster girl" sowie eine "Sexual hallucination", sondern zugleich auch der "Big bad wolf", ein "Natural born sinner" und (verdammt nochmal) "Dirty pretty". Sie zieht alle Register ihres Könnens: sie grölt, wimmert, jault, kreischt und quält sich, um alle Aspekte ihrer medial zelebrierten öffentlichen Persona auszustellen und dem Metal – dem wohl stillosesten Genre unter der Sonne – den Sex zurückzubringen. Ihre reich tätowierten Bandkollegen Chris Howorth (Gitarre, Gesang), Randy Weitzel (Rhythmus-Gitarre), Travis Johnson (Bass) und Tom Hane (Schlagzeug) legen sich ordentlich ins Zeug, um den theatralischen Striptease ihrer Frontfrau in aller cineastischer Üppigkeit in Szene zu setzen. Herausgekommen ist das intensivste, abwechslungsreichste und musikalisch anspruchsvollste Album der bisherigen Banddiskographie, das sogar den tollen Vorgänger "Blood" in die Tasche steckt.

Mit dem instrumentalen "The infection" wird programmatisch und konzepthaft eingeleitet, was die Brink auf dem Albumcover in voller Grandezza ausstellt: das anthropomorphe, verführerische, weibliche Gegenstück zu den zwischen Ekel und Faszination changierenden Arachniden. Das Gift fließt langsam in die Blutbahn und gebiert "Sex metal barbie", ein atemloses, R'n'B-angereichertes Groove-Metal-Core-Monster, das hart, brachial und spielfreudig mit allen negativen Berichterstattungen um die Brink abrechnet: "I heard I don't belong in this scene, sex metal barbie homicidal queen". In "Big bad wolf" wird industrialisierter Rapcore revitalisiert und mit wuchtiger Numetal-Energie in die Offensive getrieben: zwischen Kreischen, Keifen und Drohen steigert sich die Brink in ein Crescendo unartifizieller Thrash-Wut. Melodiös dagegen wuchtet sich "Black widow" mit einem Augenzwinkern (wenn etwa die Gefährlichkeit der schwarzen Witwe aus einem amerikanischen 1950er Horror- oder Aufklärungsfilm eingesamplet wird) unter pompösen Soundgewändern, die attraktive kleine Klangspielereien verbergen. Das mächtige und breitbeinig groovemetalnde "Sick of me" lässt mit fetten Bendings die Köpfe wackeln und bringt einen melodiös-starken Refrain empor.

Der von Langzeitproduzent Kevin Churko vollendete Klang lässt stets genug Raum für ruhiges Räsonnement, wie in der pianogetränkten Metal-Ballade "The fighter" oder in dem aggressiven, elektronischen "Natural born sinner", in dem die Brink noch einmal Gift und Galle spuckt. Das abwechslungsreiche Songwriting auf "Black widow" erzwingt jedoch auch Aufmerksamkeit. Es ist kein leichtes Album und vor allen Dingen keines, das (nur) für stupides Kopfhämmern taugt. Wer "Black widow" lediglich als solches begreift, wird die Vielfältigkeit und den ungeheuren Nuancenreichtum überhören. In This Moment sind ganz oben angekommen, das belegen sie mit ihrem fünften Machwerk eindrucksvoll.

(Peter Somogyi)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sex metal barbie
  • Big bad wolf
  • Sick like me

Tracklist

  1. The infection
  2. Sex metal barbie
  3. Big bad wolf
  4. Dirty pretty
  5. Black widow
  6. Sexual hallucination
  7. Sick like me
  8. Bloody creature poster girl
  9. The fighter
  10. Bones
  11. Natural born sinner
Gesamtspielzeit: 49:10 min

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Jennifer

2014-11-25 21:46:14

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